Abstract (deu)
Die Cecropia-Azteca-Vergesellschaftung ist schon lange ein klassisches Modell-System für Pflanzen-Ameisen Interaktionen. Die Wirtspflanzen stellen Wohnraum in Form von hohlen Stängeln (Domatien) und nährstoffreiche Futterkörperchen (Müllersche Körperchen) zur Verfügung, die Ameisen verteidigen „ihre“ Pflanze gegen Fraßfeinde. Aber neben der Pflanze und den Ameisen selbst, spielen auch Schildläuse, Nematoden, Bakterien und – erst kürzlich entdeckt – auch Pilze eine funktionelle Rolle. Diese Pilze gehören zur Ordnung Chaetothyriales (Schlauchpilze - Ascomycota) und kommen in sehr diversen, oft extremen Umgebungen vor. In Verbindung mit pantropisch verbreiteten, arborealen Ameisen, sind diese Pilze, welche zu den „schwarzen Hefen“ gehören, omnipräsente Mikroorganismen. Fast alle sind neu für die Wissenschaft und bisher noch nicht als Arten beschrieben worden. Die Pilzhyphen sind in den Domatien, sowie an externen Nest- und Tunnelbauten verschiedener Ameisenarten zu finden, wo das Geflecht der Pilzhyphen zur Stabilisierung der Wände beiträgt. In solchen externen, kartonähnlichen Konstrukten findet sich eine hohe Diversität verschiedener „Pseudoarten“ aus der Ordnung der Chaetothyriales (als „operational taxonomic unit“, kurz OTU zusammengefasste Genotypen). Weitaus weniger OTUs als in externen Kartonkonstrukten wurden bislang innerhalb der Domatien tropischer Ameisenpflanzen (Myrmekophyten) gefunden. Etwa fingernagelgroße „Pilzflecke“ werden in den Domatien von den Ameisen rege umsorgt. Auch im hohlen Stamm des neotropischen Baumes Cecropia sp. werden solche Pilzflecken und, von Pilzhyphen durchzogener „Karton“, von Ameisen der Gattung Azteca sp. gehütet.
Um das phylogenetische Puzzle der Chaetothyriales zu vervollständigen, stehen derzeit Forschungen zur Diversität der Ameisen-Chaetothyriales im Fokus. Mit molekularen Methoden wurde in der hier präsentierten Studie die Diversität der Genotypen und OTUs der Pilze bei Cecropia-Azteca-Vergesellschaftungen untersucht. Auch etwaige Präferenzen verschiedener Azteca-Arten, insbesondere A. constructor und A. alfari, für bestimmte Pilz-OTUs konnten so erfasst werden. Ein Phylogramm der erhaltenen Sequenzen wurde unter Einbeziehung bereits bekannter Chaetothyriales-Sequenzen erstellt.
Chaetothyriale DNA konnte aus 37 von insgesamt 65 Pilzproben gewonnen werden. Durch Sequenzierung der teilweisen 18S (SSU), der kompletten ITS1-5.8S-ITS2 unit (ITS) und Teile der 28S (LSU) der ribosomalen DNA, konnten die in den Proben gefundenen Pilze OTUs zugeordnet werden. Alle Genotypen fanden sich in einem clade, bestehend aus “Domatien-Pilzen” die in Domatien von Ameisenpflanzen aus den Tropen weltweit gefunden wurden. Insgesamt wurden Vertreter aus nur 3 OTUs gefunden, womit die Hypothese, dass in Domatien der Cecropia eine geringe Diversität chaetothyrialer Pilze vorkommt, bestätigt wurde. 70% der Pilzsequenzen von A. constructor stammten aus der OTU3, 25% aus der OTU2 und eine Sequenz wurde in die Verwandtschaft eines Genotyps aus einer Süd-Asiatischen Ameisen-Pflanzen-Pilz-Vergesellschaftung eingeordnet. Dies spricht für eine kontinentübergreifende Verbreitung ameisenspezifischer Pilzarten aus der Ordnung der Chaetothyriales. 53% der A. alfari Proben wurden der OTU2, 40% der OTU3 und eine Sequenz wurde der OTU1 zugeordnet. Eine Präferenz für beide Azteca Arten ist somit gegeben.
Die geringe Diversität in den Cecropia-Domatien und die Präferenzen der Ameisen für einen bestimmten Pilz lassen auf Übertragung der Pilze von einer bestehenden Kolonie auf eine neugegründete Kolonie durch ausfliegende junge Königinnen schließen.
Die hier präsentierte Studie liefert einen weiteren Teil, der dem Gesamtpuzzle der Ameisen-Pflanzen-Pilz-Vergesellschaftungen hinzugefügt werden kann. Zu dessen Vervollständigung, und um damit auch evolutionäre Fragen rund um die Entwicklung von Pflanzen-Ameisen-Pilz Mutualismen zu beantworten, sind weitere Untersuchungen mit verschiedenen Pflanzen-Ameisen-Pilz Lebensgemeinschaften wünschenswert.