Im Game Design ist das Brechen und neu Konfigurieren von Regeln eine etablierte Praxis, die der Modifizierung ungewünschter Ergebnisse und der Optimierung des Spielerlebnisses dient. Geht es allerdings um unausgewogene Verhältnisse und erlebte Defizite im ‘wirklichen Leben’, die aus rassistischen, sexistischen, homophoben und ähnlichen unterdrückenden gesellschaftlichen Normen resultieren, so scheitern progressive Versuche, jene Spielregeln direkt zu adressieren, häufig an einer Reihe von reforcierenden Abwehrmechanismen. Oftmals operieren die normativen Regulierungen des Verhaltens der sozialen SpielerInnen selbst nicht auf Basis von expliziter Kommunikation, sondern werden in beiläufiger und alltäglicher Manier implizit geäußert und subtil verkörpert, was es wiederum schwieriger macht, die darunterliegende Normativität zu thematisieren. Auf einer kognitiven und affektiven Ebene manifestiert diese sich etwa als stereotypisierte und vorurteilshafte Einstellungen gegenüber nicht-konformen SpielerInnen oder Teams, i.e. Individuen oder soziale Gruppen, deren Erscheinung oder Verhalten als von weißen, männlichen, heterosexuellen oder anderen etablierten Normen abweichend wahrgenommen wird. Da jedoch keine SpielerIn wirklich dagegen gefeit ist, in ihrer Erscheinung oder ihrem Verhalten die Grenzen der Normgerechtigkeit zu überschreiten, und daher auch stets potentiell von der Unterdrückung von Nonkonformität betroffen ist, sind alle SpielerInnen dem permanenten Risiko ausgesetzt, in Schwierigkeiten mit dem repressiven Normsystem zu geraten, und stehen daher im Grunde in Konflikt mit diesem. Daher ist auch die zunächst einschüchternd wirkende Veränderung dieser Normen letztendlich im Interesse aller Beteiligten, verglichen mit deren Erhalt. Digitale Technologien und interaktive virtuelle Umgebungen, die ihre eigene Mechanik und neue Möglichkeiten zur Selbstdarstellung bieten, scheinen die nötigen Voraussetzungen für die Umgehung von Identitätsregulierungen im ‘wirklichen Leben’ zu bieten. Emergente Phänomene ihrer Nutzung für diese Zwecke deuten nicht bloß auf die Bereitschaft hin, vorübergehend von gesellschaftlichen Normen abzusehen, sondern auf einen autonomen Drang und eine intrinsische Motivation, diesen Spielregeln aktiv zu trotzen – selbst unter SpielerInnen, die im ‘wirklichen Leben’ augenscheinlich nicht von ihnen betroffen sind. Im Sinne derselben Spielregeln, denen der subtile aber wirkungsvolle Ausdruck von Normativität folgt, kann jener Aspekt des intrinsischen Konflikts auf ebenso subtile doch effiziente Weise ausgeschöpft werden, um charakteristische Abwehrreaktionen zu umgehen, und letzten Endes die pro-soziale Subversion normativer Einstellungen zu erleichtern.
Auf der Basis dieser Prämissen behandelt die vorliegende Arbeit ‘eingebettete’ persuasive und vermittelnde Design-Strategien für die Konzipierung und Evaluierung von kleingehaltenen, narrativ- und charakter-basierten, Web-browser-tauglichen und Single-Player ‘Casual Games’, die einen angemessenen Anspruch zur alltäglichen Vorurteilsintervention verfolgen. Basierend auf einem Framework zur Einbettung von progressivem Content in Spiel-Szenarien mittels Design, sowie in Kombination mit rhetorischen Techniken und subversiven Strategien aus queer-theoretischer, sozial-psychologischer sowie philosophischer Computerspiel-Forschung, wurden Design-Strategien entwickelt, implementiert und evaluiert. Diese Techniken wurden auf ein bestehendes Online-Spiel angewandt, welches auf explizite Art Aspekte gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Benachteiligung thematisiert, die sich aus homophoben Einstellungen ergibt. Das Spiel wurde so modifiziert, dass der Message-bezogene Content nicht offensichtlich, und das Spiel somit, unter Beibehaltung der progressiven Message, für eine nicht queere (bzw. nicht queer-offene) Zielgruppe zugänglicher ist. Die angewandten Design-Strategien basieren auf Effekten von mentaler Simulation sowie von suggerierter bzw. empfundener Gruppenzugehörigkeit und der Konstruktion von prozeduraler Argumentation verkörpert in konflikt-bezogener Analogie und Metapher. Imaginierter gruppenübergreifender Kontakt - die mentale Simulation einer positiven Begegnung mit einem Mitglied der stigmatisierten Gruppe - sowie innergruppenbezogener Bias - die Präferenz für ein Mitglied der eigenen sozialen Gruppe - wurden ausgeschöpft, um den Grad an Perspektiven- und Erfahrungsübernahme bzw. narrativer Transportation unter SpielerInnen, die sich in Spielkonflikt-relevanten, aber nicht unbedingt Message-relevanten Eigenschaften mit dem Hauptcharakter identifizieren, zu erhöhen. Die experimentelle Evaluierung des Prototypen erfolgte mittels indirekter Erhebung und semi-quantitativer Methodik zur subjektiven Angabe der emotionalen Eingebundenheit während und unmittelbar nach dem Spielerlebnis. Die Ergebnisse suggerieren die Effizienz der angewandten Design-Strategien zur Steigerung der emotionalen Involvierung auf der Basis von gemeinsamer Spielkonflikt-bezogener Gruppenzugehörigkeit, selbst bei fehlender Message-bezogener Gruppenzugehörigkeit. Diese stehen potentiell in Verbindung mit Vorurteilsminderung und prosozialer Änderung der Einstellung. Des Weiteren erwies sich der experimentelle Ansatz als methodisch geeignet für die Evaluierung im Sinne eines ‘eingebetteten’ und subversiven Spielentwicklungsprinzips.
When designing games, breaking and reconfiguring the rules is a standard practice that serves to modify undesired outcomes and optimize the experiences afforded by gameplay. Unfortunately, when it comes to unbalanced conditions and experiential shortcomings in ‘real life’ that are created by racist, sexist, homophobic and related oppressive societal norms, progressive attempts of directly addressing the rules that are played by frequently fail against a variety of reinforcing resistance mechanisms. Often, normative regulations of social player performance are themselves not operating on the basis of explicit communication, but expressed implicitly and embodied subtly in a casual, everyday fashion, making them even harder to target. On a cognitive and affective level, normativity manifests as stereotyped and prejudiced attitudes towards non-conforming single players or teams, i.e. individuals or social groups that are perceived to deviate from white, male, heterosexual or other established norms in their appearance or behavior. Yet, as no player is ever beyond appearing or behaving in a way that transgresses the boundaries of normativity, and is therefore also potentially affected by the forceful repression of non-compliance, every player is constantly at risk of getting in trouble with the repressive system of norms, and hence intrinsically in conflict with it. Its transformation, even if threatening at first, is therefore ultimately in every player’s interest, rather than its conservation. Digital technologies and virtual interactive environments, which feature their own mechanics and novel possibilities for self-representation, seem to provide the necessary affordances for facilitating the evasion of ‘real life’ identity regulations. Emergent phenomena of their exploitation for these purposes don’t only reveal the readiness to temporarily relinquish societal norms, but suggest an autonomous strive and intrinsic motivation to actively defy these rules, even among players who are not apparently repressed by them in real life. In playing by the same rules as the implicit but powerful enactment of social normativity, this moment of intrinsic conflict can be subtly and efficiently exploited, in employing digital gameplay for circumventing characteristically encountered adverse responses and, ultimately, for facilitating the prosocial subversion of normative attitudes. \ Based on these premises, the present study explores ‘embedded’ persuasive and interventional strategies for designing and evaluating small-scale, narrative- and character-driven, browser-based and single-player ‘casual’ games that adequately aim for affording stereotype- and prejudice-reducing social impact in everyday life scenarios. Building on a general framework for embedding progressive content into game scenarios by their design, and in combination with persuasive techniques and subversive strategies derived from insights in queer theory, social psychology and game design research and philosophy, a set of potentially beneficial design strategies were developed, implemented and evaluated. These techniques were applied to an existing social impact game that overtly addresses societal disadvantages and interpersonal conflicts related to homophobic attitudes. The game was modified so as to obfuscate its message-related content, and make it more approachable for a not-queer(-friendly) audience while preserving its progressive message. The design strategies rely on mental imagery, effects of group membership appeals as well as the construction of procedural arguments embodied as conflict-related analogies and metaphors. Imagined intergroup contact - mental simulation of a positive encounter with a member of the stigmatized (out-)group - and ingroup bias - preference for members of the same social group - were exploited for raising levels of perspective and experience taking and narrative transportation among players who share salient (game-conflict-relevant, but not necessarily message-relevant) characteristics with the main game character. The prototype application was experimentally evaluated using an indirect semi-quantitative approach of impact assessment relying on subjectively reported levels of emotional involvement during and following gameplay experience. The results suggest the efficacy of the employed design strategies for elevating emotional engagement based on shared game-conflict-related group membership despite differences in message-related group membership, which are linked to a faciliatory potential for prejudice reduction and prosocial attitude change. Furthermore, the assessment techniques proved to be methodically suited for evaluation purposes following an ‘embedded’ and subversive game development approach.
Im Game Design ist das Brechen und neu Konfigurieren von Regeln eine etablierte Praxis, die der Modifizierung ungewünschter Ergebnisse und der Optimierung des Spielerlebnisses dient. Geht es allerdings um unausgewogene Verhältnisse und erlebte Defizite im ‘wirklichen Leben’, die aus rassistischen, sexistischen, homophoben und ähnlichen unterdrückenden gesellschaftlichen Normen resultieren, so scheitern progressive Versuche, jene Spielregeln direkt zu adressieren, häufig an einer Reihe von reforcierenden Abwehrmechanismen. Oftmals operieren die normativen Regulierungen des Verhaltens der sozialen SpielerInnen selbst nicht auf Basis von expliziter Kommunikation, sondern werden in beiläufiger und alltäglicher Manier implizit geäußert und subtil verkörpert, was es wiederum schwieriger macht, die darunterliegende Normativität zu thematisieren. Auf einer kognitiven und affektiven Ebene manifestiert diese sich etwa als stereotypisierte und vorurteilshafte Einstellungen gegenüber nicht-konformen SpielerInnen oder Teams, i.e. Individuen oder soziale Gruppen, deren Erscheinung oder Verhalten als von weißen, männlichen, heterosexuellen oder anderen etablierten Normen abweichend wahrgenommen wird. Da jedoch keine SpielerIn wirklich dagegen gefeit ist, in ihrer Erscheinung oder ihrem Verhalten die Grenzen der Normgerechtigkeit zu überschreiten, und daher auch stets potentiell von der Unterdrückung von Nonkonformität betroffen ist, sind alle SpielerInnen dem permanenten Risiko ausgesetzt, in Schwierigkeiten mit dem repressiven Normsystem zu geraten, und stehen daher im Grunde in Konflikt mit diesem. Daher ist auch die zunächst einschüchternd wirkende Veränderung dieser Normen letztendlich im Interesse aller Beteiligten, verglichen mit deren Erhalt. Digitale Technologien und interaktive virtuelle Umgebungen, die ihre eigene Mechanik und neue Möglichkeiten zur Selbstdarstellung bieten, scheinen die nötigen Voraussetzungen für die Umgehung von Identitätsregulierungen im ‘wirklichen Leben’ zu bieten. Emergente Phänomene ihrer Nutzung für diese Zwecke deuten nicht bloß auf die Bereitschaft hin, vorübergehend von gesellschaftlichen Normen abzusehen, sondern auf einen autonomen Drang und eine intrinsische Motivation, diesen Spielregeln aktiv zu trotzen – selbst unter SpielerInnen, die im ‘wirklichen Leben’ augenscheinlich nicht von ihnen betroffen sind. Im Sinne derselben Spielregeln, denen der subtile aber wirkungsvolle Ausdruck von Normativität folgt, kann jener Aspekt des intrinsischen Konflikts auf ebenso subtile doch effiziente Weise ausgeschöpft werden, um charakteristische Abwehrreaktionen zu umgehen, und letzten Endes die pro-soziale Subversion normativer Einstellungen zu erleichtern.
Auf der Basis dieser Prämissen behandelt die vorliegende Arbeit ‘eingebettete’ persuasive und vermittelnde Design-Strategien für die Konzipierung und Evaluierung von kleingehaltenen, narrativ- und charakter-basierten, Web-browser-tauglichen und Single-Player ‘Casual Games’, die einen angemessenen Anspruch zur alltäglichen Vorurteilsintervention verfolgen. Basierend auf einem Framework zur Einbettung von progressivem Content in Spiel-Szenarien mittels Design, sowie in Kombination mit rhetorischen Techniken und subversiven Strategien aus queer-theoretischer, sozial-psychologischer sowie philosophischer Computerspiel-Forschung, wurden Design-Strategien entwickelt, implementiert und evaluiert. Diese Techniken wurden auf ein bestehendes Online-Spiel angewandt, welches auf explizite Art Aspekte gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Benachteiligung thematisiert, die sich aus homophoben Einstellungen ergibt. Das Spiel wurde so modifiziert, dass der Message-bezogene Content nicht offensichtlich, und das Spiel somit, unter Beibehaltung der progressiven Message, für eine nicht queere (bzw. nicht queer-offene) Zielgruppe zugänglicher ist. Die angewandten Design-Strategien basieren auf Effekten von mentaler Simulation sowie von suggerierter bzw. empfundener Gruppenzugehörigkeit und der Konstruktion von prozeduraler Argumentation verkörpert in konflikt-bezogener Analogie und Metapher. Imaginierter gruppenübergreifender Kontakt - die mentale Simulation einer positiven Begegnung mit einem Mitglied der stigmatisierten Gruppe - sowie innergruppenbezogener Bias - die Präferenz für ein Mitglied der eigenen sozialen Gruppe - wurden ausgeschöpft, um den Grad an Perspektiven- und Erfahrungsübernahme bzw. narrativer Transportation unter SpielerInnen, die sich in Spielkonflikt-relevanten, aber nicht unbedingt Message-relevanten Eigenschaften mit dem Hauptcharakter identifizieren, zu erhöhen. Die experimentelle Evaluierung des Prototypen erfolgte mittels indirekter Erhebung und semi-quantitativer Methodik zur subjektiven Angabe der emotionalen Eingebundenheit während und unmittelbar nach dem Spielerlebnis. Die Ergebnisse suggerieren die Effizienz der angewandten Design-Strategien zur Steigerung der emotionalen Involvierung auf der Basis von gemeinsamer Spielkonflikt-bezogener Gruppenzugehörigkeit, selbst bei fehlender Message-bezogener Gruppenzugehörigkeit. Diese stehen potentiell in Verbindung mit Vorurteilsminderung und prosozialer Änderung der Einstellung. Des Weiteren erwies sich der experimentelle Ansatz als methodisch geeignet für die Evaluierung im Sinne eines ‘eingebetteten’ und subversiven Spielentwicklungsprinzips.
When designing games, breaking and reconfiguring the rules is a standard practice that serves to modify undesired outcomes and optimize the experiences afforded by gameplay. Unfortunately, when it comes to unbalanced conditions and experiential shortcomings in ‘real life’ that are created by racist, sexist, homophobic and related oppressive societal norms, progressive attempts of directly addressing the rules that are played by frequently fail against a variety of reinforcing resistance mechanisms. Often, normative regulations of social player performance are themselves not operating on the basis of explicit communication, but expressed implicitly and embodied subtly in a casual, everyday fashion, making them even harder to target. On a cognitive and affective level, normativity manifests as stereotyped and prejudiced attitudes towards non-conforming single players or teams, i.e. individuals or social groups that are perceived to deviate from white, male, heterosexual or other established norms in their appearance or behavior. Yet, as no player is ever beyond appearing or behaving in a way that transgresses the boundaries of normativity, and is therefore also potentially affected by the forceful repression of non-compliance, every player is constantly at risk of getting in trouble with the repressive system of norms, and hence intrinsically in conflict with it. Its transformation, even if threatening at first, is therefore ultimately in every player’s interest, rather than its conservation. Digital technologies and virtual interactive environments, which feature their own mechanics and novel possibilities for self-representation, seem to provide the necessary affordances for facilitating the evasion of ‘real life’ identity regulations. Emergent phenomena of their exploitation for these purposes don’t only reveal the readiness to temporarily relinquish societal norms, but suggest an autonomous strive and intrinsic motivation to actively defy these rules, even among players who are not apparently repressed by them in real life. In playing by the same rules as the implicit but powerful enactment of social normativity, this moment of intrinsic conflict can be subtly and efficiently exploited, in employing digital gameplay for circumventing characteristically encountered adverse responses and, ultimately, for facilitating the prosocial subversion of normative attitudes. \ Based on these premises, the present study explores ‘embedded’ persuasive and interventional strategies for designing and evaluating small-scale, narrative- and character-driven, browser-based and single-player ‘casual’ games that adequately aim for affording stereotype- and prejudice-reducing social impact in everyday life scenarios. Building on a general framework for embedding progressive content into game scenarios by their design, and in combination with persuasive techniques and subversive strategies derived from insights in queer theory, social psychology and game design research and philosophy, a set of potentially beneficial design strategies were developed, implemented and evaluated. These techniques were applied to an existing social impact game that overtly addresses societal disadvantages and interpersonal conflicts related to homophobic attitudes. The game was modified so as to obfuscate its message-related content, and make it more approachable for a not-queer(-friendly) audience while preserving its progressive message. The design strategies rely on mental imagery, effects of group membership appeals as well as the construction of procedural arguments embodied as conflict-related analogies and metaphors. Imagined intergroup contact - mental simulation of a positive encounter with a member of the stigmatized (out-)group - and ingroup bias - preference for members of the same social group - were exploited for raising levels of perspective and experience taking and narrative transportation among players who share salient (game-conflict-relevant, but not necessarily message-relevant) characteristics with the main game character. The prototype application was experimentally evaluated using an indirect semi-quantitative approach of impact assessment relying on subjectively reported levels of emotional involvement during and following gameplay experience. The results suggest the efficacy of the employed design strategies for elevating emotional engagement based on shared game-conflict-related group membership despite differences in message-related group membership, which are linked to a faciliatory potential for prejudice reduction and prosocial attitude change. Furthermore, the assessment techniques proved to be methodically suited for evaluation purposes following an ‘embedded’ and subversive game development approach.