Abstract (deu)
In den Karpaten lebten noch im 20. Jahrhundert Räuber, die den Armen von ihren erbeuteten Schätzen abgaben und vor den Gewehrkugeln der Gendarmen durch einen Zauber gefeit waren, sowie Hexen, die Unwetter mit bloßen Händen abwehren konnten und Schadens- wie Liebeszauber beherrschten. Von den historisch belegten Personen, die derlei magische Fähigkeiten besessen haben sollen, handeln die zwei Romane Nikola Šuhaj loupežník (1933) von Ivan Olbracht und Žítkovské bohyně (2012) von Kateřina Tučková. Diese Arbeit untersucht, wie ein auf Archivmaterial, Fachliteratur und Zeitzeugengespräche gestützter literarischer Text mit von magischem Denken geprägten Volksmythen verfahren kann. Charakteristika des mythischen Weltbilds wie ein zyklisches Zeitverständnis, die Unterscheidung von sakralen und profanen Entitäten oder die Belebtheit der Naturerscheinungen sind in beiden Werken ebenso zu finden wie Kritik an der Verfälschung historischer Tatsachen im Mythos, der Widerstand des Individuums gegen die Repressivität einer fatalistischen Ordnung, die Ironisierung irrationalen Geisterglaubens und die Frage nach dem Verhältnis von Mythos und politischen Ideologien.