Abstract (deu)
In Wohlstandsgesellschaften sind die Märkte für Verbrauchsgüter gesättigt, sodass sich konkurrierende Produkte in ihrer Funktionalität und Qualität kaum unterscheiden. Um nicht in bloßen Preiskampf zu verfallen, werden Produkte mit emotionalen Erlebniswerten versehen, durch die der Konsument die Möglichkeit einer Bedürfnisbefriedigung erhält, die über das physiologische Grundbedürfnis hinausgeht. Besonders bei Fast-Moving Consumer Goods ist das wahrgenommene Kaufrisiko sehr gering, weshalb Kunden oft nur begrenzt Markentreue aufweisen und ihre Hemmschwelle andere Produkte zu kaufen sehr gering ausfällt. So werden Markenentscheidungen häufig erst unmittelbar vor dem Kauf am Point of Purchase, auf situativen Reizen basierend, getroffen. Hier stellt die Produktverpackung eine besondere Kommunikationsmöglichkeit dar und Verpackungselemente können zur nicht monetären Differenzierung genutzt werden.
Infolge der Thematisierung von Funktionen, die Verpackungen übernehmen und der Beteiligung der Sinnesmodalitäten in der Produktverwendung, konnten haptische Reize als wenig erforschtes Kommunikationspotenzial im Verpackungswesen identifiziert werden. Eine Betrachtung der haptischen Wahrnehmung zeigt die Textur und die Temperatur als rein taktil wahrnehmbare Dimensionen mit zwei möglichen Reaktionen, die für das Marketing von Interesse sein könnten. Zum einen können diese Sinnesreize kognitiv erschlossen werden, wodurch sie in gewisser Weise als Schlüsselreize fungieren und auf Produktcharakteristiken hinweisen. Zum anderen ist eine affektive Reizverarbeitung möglich, die in einem direkten Einwirken auf die Empfindung resultiert. Diese spontane Auslösung von Emotionen erfolgt im Gegensatz zur kognitiven Verarbeitung zur Gänze unbewusst.
Durch ein Experiment wurde versucht, Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung und aus der Neurobiologie für das Marketing umzulegen. Mithilfe von modifizierten Produktpackungen sollte herausgefunden werden, inwieweit die Textur und die Temperatur zur nonverbalen Kommunikation im Verpackungsbereich eingesetzt werden können. Dabei zeigte sich, dass eine kalte Primärverpackung genutzt werden kann, um das enthaltene Produkt erfrischender wirken zu lassen. Die affektive Wirkung warmer Verpackungen konnte aufgrund von Messproblemen bei der Erfassung der psychischen Wärme nicht eindeutig nachgewiesen werden. Die gesammelten Daten zeigen die vermutete Wirkungsbeziehung jedoch andeutungsweise, indem eine warme Packung teilweise Abhängigkeiten zu emotional positiv belegten Adjektiven aufweist. Eine direkte Wirkung der Textur auf der Gefühlsebene konnte in diesem Versuch ebenfalls nicht gefunden werden. Über die Kongruenz sämtlicher Verpackungseigenschaften scheint die Textur aber sehr wohl von Bedeutung für die antizipierte Produktbewertung zu sein. Auswirkungen der Textur auf die kognitive Verarbeitung der Sinnenreize wurden in diesem Experiment nicht gefunden. In Summe erweisen sich die aufgetretenen Effekte als tendenziell schwach, weshalb eine Implikation eher als unterstützende Kommunikationsmaßnahme zu betrachten ist.