Abstract (deu)
Seit geraumer Zeit sehen sich die öffentlichen Universitäten des deutschsprachigen Raumes weitreichenden Veränderungen gegenüber stehen. Die zunehmenden Bestrebungen, etwa das Verhältnis staatlicher Trägerschaft neu zu definieren, die Finanzierung an leistungsbezogene Kriterien zu binden oder Hochschulen verstärkt in ihrer Bedeutung für den nationalen Wirtschaftsstandort zu perspektiveren, verweisen aber auf die Veränderung auch politischer Selbstverständnisse, die über das Feld der Universitäten hinaus zu reichen scheinen.
Als besondere Konsequenz und Herausforderung tritt in der Vielzahl von wissenschaftlichen Beiträgen zu diesem postulierten neuen Selbstverständnis immer wieder die Frage der Möglichkeit von Kritik in und an diesen Verhältnissen hervor – sei es doch gerade ein Spezifikum der gegenwärtigen Entwicklungen, Kritik als Notwendigkeit zugunsten beständiger Innovation mit in die zu kritisierenden Strukturen aufzunehmen. Ähnliche Befürchtungen werden auch innerhalb der Disziplin der Bildungswissenschaft artikuliert: Auch traditionelle bildungstheoretische Zielperspektiven wie etwa Mündigkeit oder Selbstständig-keit würden zusehends in (wirtschafts)politische Konzepte eines neuen Unternehmer*innentums übersetzt, das sich auch in den hochschulpolitischen Entwicklungen niederschlage. Diese Inkorporierung auch bildungstheoretischer Ideen würde es erschweren, diese noch als Gegenentwurf aufrecht zu erhalten.
Zentrale Referenzpunkte der Fachliteratur, diese stark integrierende Wirkung der Reformen zu analysieren, bilden neben dem Konzept des Neoliberalismus – vor allem im sozial- wie bildungswissenschaftlichen Bereich – gegenwärtig die foucaultschen Gouver-nementalitätsstudien, mit welchen die Entwicklungen als zusehende Kopplung von Fremd- und Selbstführungstechniken beschrieben werden können. Die Arbeiten Foucaults werden in ihrer dekonstruierenden Wirkung dabei immer wieder auch zur Aussicht für einen neuen Entwurf von Kritik. Allerdings entwirft Foucault auch die Kritik selbst noch als eine machtvolle Strategie, was deren Legitimation sowie Unterscheidbarkeit von unterdrückenden Formen der Macht in Frage stellt. Dieser Irritation nachzugehen und auf ihre Konsequenzen, sowohl für bildungstheoretische Anschlüsse an Foucault wie auch den kritischen Einsatz innerhalb konkreter hochschulpolitischer Verhältnisse hin zu befragen, bildet den Gegenstand dieser Arbeit.