Abstract (deu)
Die vorliegende Dissertation geht der Frage nach, wie Migrantinnen und Migranten, die seit mehreren Jahrzehnten in Österreich leben und die Lebensphase Alter in diesem Land verbringen, eine positive subjektive Lebensqualität erzeugen. Der Studie liegt die Annahme zugrunde, dass durch die Erfahrung der Migration Ressourcen entstehen oder begünstigt werden, die im Alter positiv auf das subjektive Wohlbefinden wirken. Ziel der Dissertation ist es, diese Ressourcen zu benennen.
Theoretischer Ausgangspunkt ist eine Auseinandersetzung mit dem Konzept der Salutogenese und des Kohärenzgefühls (SOC) nach Aaron Antonovsky (1997), also der Suche nach positiven und Resilienz erzeugenden Ressourcen, die Gesundheit fördern bzw. aufrecht- erhalten. Da Antonovsky in seinen Abhandlungen eine Definition von Gesundheit schuldig bleibt (vgl. Franke 1997: 182), wird subjektive Gesundheit über das Konzept von Lebens- qualität nach Amartya Sen (1997/1999) und Martha Nussbaum (1997/2006) definiert.
Die in dieser Dissertation untersuchte Zielgruppe sind Menschen mit Migrationshintergrund, die sich in der Lebensphase „Alter“ befinden. Für unseren Zusammenhang bedeutet das, dass die GesprächspartnerInnen (i) in einem anderen Land als Österreich geboren wurden, (ii) seit bereits mindestens 30 Jahren außerhalb ihres Herkunftslandes leben und (iii) über 60 Jahre alt sind. Die Erfahrung der Migration wird aus einer phänomenologischen Perspektive betrachtet. Gemäß diesem Ansatz wird die Sichtweise der migrierenden Person in Form ihrer biografi- schen Selbstdarstellung sowie ihrer subjektiven Konstruktionsprozesse in den Mittelpunkt gestellt (vgl. Apitzsch 1999/2003; Apitzsch, Kontos 2003; Apitzsch, Gündüz 2012; Breckner 2009; Rosenthal 1999/2004; Rosenthal, Fischer-Rosenthal 2009). Bei den durchgeführten 15 biografisch-narrativen Interviews wurde eine Kontrastierung der Fälle vorgenommen, da eine möglichst große Streuung nach Herkunft, Bildungsstand, Migrationsgrund, Alter und Geschlecht die starke Heterogenität der Zielgruppe widerspiegelt.
In Form von Zwischenfazits werden Ressourcen benannt, die sich auf einen Herkunfts- sowie Ankunftskontext, eine Reflexion der eigenen Biografie und Narrationen des Migrations- prozesses beziehen. Die Ergebnisse zeigen, dass Migration als ein Erfahrungsphänomen einen vielseitig positiven Einfluss auf das Lebensqualitätsempfinden im Alter hat. Anhand der vier Ressourcenkategorien (strukturelle und ökonomische Ressourcen, soziale und personelle Ressourcen, kognitive und emotionale Ressourcen, Autonomie und Handlungsfreiheit) wurden diese Bereiche identifiziert und analysiert.
Diese Dissertation kann als ein Beitrag zum Themenfeld Alter(n) in der Migration betrachtet werden, das lange Zeit wenig beachtet wurde, durch den demografischen Wandel jedoch zusehends an Bedeutung gewinnt.