You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1338299
Title (deu)
Hand, Haut, haptische Medien
mediale Konfigurationen des Tastsinns
Parallel title (eng)
Hand, skin, haptic media : media configurations of the sense of touch
Author
Jana Herwig
Adviser
Klemens Gruber
Assessor
Klemens Gruber
Assessor
Karin Harrasser
Abstract (deu)
Ziel der Arbeit ist es, mediale Konfigurationen des Tastsinns im Spannungsfeld von Hand und Haut zu analysieren und zu zeigen, welche Herausforderungen einer Mediatisierung des Tastsinn nach dem Vorbild der Fernmedien im Weg stehen. Den Ausgangspunkt bildet die Frage, ob die gegenwärtige Konjunktur des Tastsinns eine jüngere, digitale Entwicklung ist oder eine Intensivierung einer älteren Auseinandersetzung von Mensch und Technik darstellt. Die Arbeit schließt sich der zweiten Deutung an und argumentiert am Beispiel des Tastenmonochords (15. Jhd.), dass die Taste das Tasten diszipliniert: Das suchende, annähernde Tasten wird zum Tastendruck und zudem verknüpft mit der Sphäre des Symbolischen – eine grundlegende Konfiguration des Tastsinns, die sich bis in die Gegenwart fortsetzt. Unterschiedliche Konfigurationen werden entlang der Epistemologien der aktiv steuernden Hand und der erleidend passiven Haut diskutiert. Der Fokus liegt dabei auf den steuernden Händen, ohne die die medialen Erscheinungen auf Leinwänden und Bildschirmen nicht denkbar wären. Die Hand wird so als Integrationsorgan zwischen den Sphären des Materiellen und des Symbolischen gedeutet, begründet durch die gemeinsame Gliederung von Hand und Sprache. Die Arbeit entwickelt eine Taxonomie manuell-haptischer Konfigurationen anhand der Begriffe Instrument, Werkzeug, Automat, Maschine und Medium, womit spezifische Beziehungen von Hand und Gerät als auch spezifische Machtgefüge von Mensch und Technik zum Ausdruck gebracht werden. Diese sind weder monolithisch noch ausschließlich; z.B. können Automaten durch mehr als ein Charakteristikum (z.B.: beziehen Energie durch die Hand, faszinieren durch mechanische Simulationen des Lebens), multimodale Geräte wie der Computer als Automaten, Werkzeug oder Medium dargestellt werden. Der Beitrag Marshall McLuhans zur Theorie taktiler Medien wird besonders gewürdigt. Anschließend wird die Beziehung von Hand, Gerät und Blick problematisiert, ausgehend von Martin Heideggers ‚Umsicht‘, die u.a. zur Beschreibung des Sehens der ‚situated agents‘ der Künstliche-Intelligenz-Forschung herangezogen und mit Jacques Derridas Kritik der ‚einzigen Hand‘ konfrontiert wird. Friedrich Kittlers Thesen zu blinden Rechenmaschinen werden durch Analysen bis zum Touchscreen weitergeführt; quellengeleitet wird die Gleichsetzung von Frau und Maschine als schlaf- wie schreibzimmerbewohnender ‚Typewriter‘ kritisiert. Heidi Rae Cooleys Analysen des taktilen Blicks der ‚mobile screenic devices‘ (gestützt auf Walter Benjamin), wird entfaltet und erweitert, um gegenwärtige mobil vernetzte Szenarien, insbesondere die Selfie-Bilderpraxis, zu berücksichtigen. Die Frage nach dem Status der Haut in den Medien wird durch deren Charakterisierung als Organ der Grenzziehung und Auseinandersetzungsfläche vorgenommen und anhand von Beispielen wie ‚Case-Modding‘, Bespielbarkeit rechteckiger Flächen und Touchscreen-Interaktionsformen zwischen Taste und Fläche diskutiert. Alois Riegls Optisch/Haptisch-Differenz wird aktualisiert, um sie auf Computergame-Interfaces anwendbar zu machen; Thesen zur haptischen Visualität, die sich auf Riegl berufen, werden hinterfragt. Das Schlusskapitel stellt die Schwierigkeiten dar, genuin haptische, das heißt Tastwahrnehmungen fernübermittelnde Medien zu entwickeln und erläutert dabei die physiologischen und wahrnehmungspsychologischen Grundlagen des Tastsinns, dessen im Körper vereinte Komplexität (als Kombination von Vibration, Berührung, Druck, Schmerz, Temperatur und Propriozeption) haptische Wahrnehmungen schwer vom Körper ablösbar macht. Als Mediendiskurse und Reflexionen gesellschaftlichen Wissens werden vier Visionen von haptischen Medien der Autoren Salomo Friedländer, Aldous Huxley, Salvador Dalí und Oswald Wiener diskutiert und insbesondere Wieners Vision des Bio-Adapters als die einzig denkbare, wenn auch technisch und ethisch gänzlich unmögliche, Methode zur Hervorbringung haptischer (Fern-)Medien hervorgehoben.
Abstract (eng)
The aim of the thesis is to analyze medial configurations of the sense of touch between the poles of hand and skin, and to show which challenges stand in the way of the mediatisation of the touch analogous to telemedia. The starting point is the question as to whether the present interest in the tactile sense is a recent, digital development or an intensification of an older confrontation of man and technology. The thesis follows the second interpretation and argues, using the example of a monochord equipped with keys (15th c.), that the key disciples the act of touching: The searching, approaching touch is linked to pressing the key and, in addition, to the sphere of the symbolic - a fundamental configuration of the sense of touch that continues into the present. Different configurations are discussed along the epistemologies of the actively controlling hand and the suffering passive skin. The focus is on the controlling hands without which the media phenomena on screens and monitors would not be conceivable. The hand is thus interpreted as an integrative organ between the spheres of the material and the symbolic, founded by the common segmentation of hand and language. The thesis develops a taxonomy of manual-haptic configurations based on the terms instrument, tool, automaton, machine and medium, which expresses specific relations of hand and device as well as specific power relations between man and technology. These are neither monolithic nor exclusive; e.g. automata can be represented by more than one characteristic (e.g.: obtain energy by hand, fascinate through mechanical simulations of life), multimodal devices such as the computer can appear as automaton, tool or medium. The contribution of Marshall McLuhan to the theory of tactile media is being particularly appreciated. Subsequently, the relationship of hand, device and gaze is problematized, departing from Martin Heidegger's „Umsicht“ (circumspection), which is used for the description of the „situated agents“ of artificial intelligence research and confronted with Jacques Derrida's critique of the „single hand“. Friedrich Kittler's position on blind computing machines ism through analyses, extended on to the touchscreen; the equation of women and machine as bedroom and study-dwelling ‚typewriter‘ is criticized, guided by source texts. Heidi Rae Cooley's analysis of the tactile vision of ‚mobile screenic devices‘ (based on Walter Benjamin) is unfolded and expanded to take account of current mobile networked scenarios, particularly the image practice of the selfie. The question of the status of the skin in media is achieved by its characterization as a boundary organ and surface of confrontation, and is discussed by means of examples such as ‚case modding‚‘, the chargeability of rectangular surfaces and forms of interaction on the touchscreen between key and surface. Alois Riegl's optical / haptic difference is updated to make it applicable to computer game interfaces; positions on haptic visuality, which refer to Riegl, are questioned. The final chapter presents the difficulties of developing genuinely haptic media, that is to say, media that tele-mediate touch perceptions, and goes on to explain the physiological and perceptual, psychological foundations of the sense of touch, whose complexness combined in the body (as a combination of vibration, touch, pressure, pain, temperature and proprioception) makes it hard to detach haptic perceptions from the body. As media discourses and reflections of social knowledge, four visions of haptic media by the authors Solomon Friedländer, Aldous Huxley, Salvador Dalí and Oswald Wiener are discussed. In particular Wiener’s vision of the bio-adapter is highlighted as the only conceivable, if technically and ethically utterly impossible, method for producing haptic (tele) media.
Keywords (eng)
Haptic MediaHaptic InterfacesTouchDigital MediaInteractive MediaHandSkin
Keywords (deu)
Haptische MedienHaptische InterfacesTastsinnHaptikDigitale MedienInteraktive MedienHandHaut
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1338299
rdau:P60550 (deu)
347 Seiten : Illustrationen
Number of pages
353
Members (1)
Title (deu)
Hand, Haut, haptische Medien
mediale Konfigurationen des Tastsinns
Parallel title (eng)
Hand, skin, haptic media : media configurations of the sense of touch
Author
Jana Herwig
Abstract (deu)
Ziel der Arbeit ist es, mediale Konfigurationen des Tastsinns im Spannungsfeld von Hand und Haut zu analysieren und zu zeigen, welche Herausforderungen einer Mediatisierung des Tastsinn nach dem Vorbild der Fernmedien im Weg stehen. Den Ausgangspunkt bildet die Frage, ob die gegenwärtige Konjunktur des Tastsinns eine jüngere, digitale Entwicklung ist oder eine Intensivierung einer älteren Auseinandersetzung von Mensch und Technik darstellt. Die Arbeit schließt sich der zweiten Deutung an und argumentiert am Beispiel des Tastenmonochords (15. Jhd.), dass die Taste das Tasten diszipliniert: Das suchende, annähernde Tasten wird zum Tastendruck und zudem verknüpft mit der Sphäre des Symbolischen – eine grundlegende Konfiguration des Tastsinns, die sich bis in die Gegenwart fortsetzt. Unterschiedliche Konfigurationen werden entlang der Epistemologien der aktiv steuernden Hand und der erleidend passiven Haut diskutiert. Der Fokus liegt dabei auf den steuernden Händen, ohne die die medialen Erscheinungen auf Leinwänden und Bildschirmen nicht denkbar wären. Die Hand wird so als Integrationsorgan zwischen den Sphären des Materiellen und des Symbolischen gedeutet, begründet durch die gemeinsame Gliederung von Hand und Sprache. Die Arbeit entwickelt eine Taxonomie manuell-haptischer Konfigurationen anhand der Begriffe Instrument, Werkzeug, Automat, Maschine und Medium, womit spezifische Beziehungen von Hand und Gerät als auch spezifische Machtgefüge von Mensch und Technik zum Ausdruck gebracht werden. Diese sind weder monolithisch noch ausschließlich; z.B. können Automaten durch mehr als ein Charakteristikum (z.B.: beziehen Energie durch die Hand, faszinieren durch mechanische Simulationen des Lebens), multimodale Geräte wie der Computer als Automaten, Werkzeug oder Medium dargestellt werden. Der Beitrag Marshall McLuhans zur Theorie taktiler Medien wird besonders gewürdigt. Anschließend wird die Beziehung von Hand, Gerät und Blick problematisiert, ausgehend von Martin Heideggers ‚Umsicht‘, die u.a. zur Beschreibung des Sehens der ‚situated agents‘ der Künstliche-Intelligenz-Forschung herangezogen und mit Jacques Derridas Kritik der ‚einzigen Hand‘ konfrontiert wird. Friedrich Kittlers Thesen zu blinden Rechenmaschinen werden durch Analysen bis zum Touchscreen weitergeführt; quellengeleitet wird die Gleichsetzung von Frau und Maschine als schlaf- wie schreibzimmerbewohnender ‚Typewriter‘ kritisiert. Heidi Rae Cooleys Analysen des taktilen Blicks der ‚mobile screenic devices‘ (gestützt auf Walter Benjamin), wird entfaltet und erweitert, um gegenwärtige mobil vernetzte Szenarien, insbesondere die Selfie-Bilderpraxis, zu berücksichtigen. Die Frage nach dem Status der Haut in den Medien wird durch deren Charakterisierung als Organ der Grenzziehung und Auseinandersetzungsfläche vorgenommen und anhand von Beispielen wie ‚Case-Modding‘, Bespielbarkeit rechteckiger Flächen und Touchscreen-Interaktionsformen zwischen Taste und Fläche diskutiert. Alois Riegls Optisch/Haptisch-Differenz wird aktualisiert, um sie auf Computergame-Interfaces anwendbar zu machen; Thesen zur haptischen Visualität, die sich auf Riegl berufen, werden hinterfragt. Das Schlusskapitel stellt die Schwierigkeiten dar, genuin haptische, das heißt Tastwahrnehmungen fernübermittelnde Medien zu entwickeln und erläutert dabei die physiologischen und wahrnehmungspsychologischen Grundlagen des Tastsinns, dessen im Körper vereinte Komplexität (als Kombination von Vibration, Berührung, Druck, Schmerz, Temperatur und Propriozeption) haptische Wahrnehmungen schwer vom Körper ablösbar macht. Als Mediendiskurse und Reflexionen gesellschaftlichen Wissens werden vier Visionen von haptischen Medien der Autoren Salomo Friedländer, Aldous Huxley, Salvador Dalí und Oswald Wiener diskutiert und insbesondere Wieners Vision des Bio-Adapters als die einzig denkbare, wenn auch technisch und ethisch gänzlich unmögliche, Methode zur Hervorbringung haptischer (Fern-)Medien hervorgehoben.
Abstract (eng)
The aim of the thesis is to analyze medial configurations of the sense of touch between the poles of hand and skin, and to show which challenges stand in the way of the mediatisation of the touch analogous to telemedia. The starting point is the question as to whether the present interest in the tactile sense is a recent, digital development or an intensification of an older confrontation of man and technology. The thesis follows the second interpretation and argues, using the example of a monochord equipped with keys (15th c.), that the key disciples the act of touching: The searching, approaching touch is linked to pressing the key and, in addition, to the sphere of the symbolic - a fundamental configuration of the sense of touch that continues into the present. Different configurations are discussed along the epistemologies of the actively controlling hand and the suffering passive skin. The focus is on the controlling hands without which the media phenomena on screens and monitors would not be conceivable. The hand is thus interpreted as an integrative organ between the spheres of the material and the symbolic, founded by the common segmentation of hand and language. The thesis develops a taxonomy of manual-haptic configurations based on the terms instrument, tool, automaton, machine and medium, which expresses specific relations of hand and device as well as specific power relations between man and technology. These are neither monolithic nor exclusive; e.g. automata can be represented by more than one characteristic (e.g.: obtain energy by hand, fascinate through mechanical simulations of life), multimodal devices such as the computer can appear as automaton, tool or medium. The contribution of Marshall McLuhan to the theory of tactile media is being particularly appreciated. Subsequently, the relationship of hand, device and gaze is problematized, departing from Martin Heidegger's „Umsicht“ (circumspection), which is used for the description of the „situated agents“ of artificial intelligence research and confronted with Jacques Derrida's critique of the „single hand“. Friedrich Kittler's position on blind computing machines ism through analyses, extended on to the touchscreen; the equation of women and machine as bedroom and study-dwelling ‚typewriter‘ is criticized, guided by source texts. Heidi Rae Cooley's analysis of the tactile vision of ‚mobile screenic devices‘ (based on Walter Benjamin) is unfolded and expanded to take account of current mobile networked scenarios, particularly the image practice of the selfie. The question of the status of the skin in media is achieved by its characterization as a boundary organ and surface of confrontation, and is discussed by means of examples such as ‚case modding‚‘, the chargeability of rectangular surfaces and forms of interaction on the touchscreen between key and surface. Alois Riegl's optical / haptic difference is updated to make it applicable to computer game interfaces; positions on haptic visuality, which refer to Riegl, are questioned. The final chapter presents the difficulties of developing genuinely haptic media, that is to say, media that tele-mediate touch perceptions, and goes on to explain the physiological and perceptual, psychological foundations of the sense of touch, whose complexness combined in the body (as a combination of vibration, touch, pressure, pain, temperature and proprioception) makes it hard to detach haptic perceptions from the body. As media discourses and reflections of social knowledge, four visions of haptic media by the authors Solomon Friedländer, Aldous Huxley, Salvador Dalí and Oswald Wiener are discussed. In particular Wiener’s vision of the bio-adapter is highlighted as the only conceivable, if technically and ethically utterly impossible, method for producing haptic (tele) media.
Keywords (eng)
Haptic MediaHaptic InterfacesTouchDigital MediaInteractive MediaHandSkin
Keywords (deu)
Haptische MedienHaptische InterfacesTastsinnHaptikDigitale MedienInteraktive MedienHandHaut
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1338300
Number of pages
353