Abstract (deu)
In Ecuador werden gegenwärtig massive soziale Konflikte um den politischen und ökonomischen Kurs nach dem Zusammenbruch der neoliberalen Staats- und Gesellschaftsprojekte ausgetragen, im Wesentlichen zwischen indigenen sozialen Bewegungen und der „progressiven Regierung“ des bis vor kurzem amtierenden Präsidenten Rafael Correa. Diese Arbeit versucht, die Frage der wahlpolitischen Erfolge der Regierung zu beantworten und richtet den Fokus auf die klassenspezifischen Tiefendimensionen des Transformationsprozesses. Ausgehend von der These, dass Fraktionen der Mittelklassen eine Barriere gegenüber radikaleren Projekten einer Dekolonisierung des Staates bilden, wird zunächst auf der Grundlage einer Kritik der Konstruktion homogener „globaler Mittelklassen“ eine dekolonial informierte materialistische Theorie peripherer Mittelklassen erarbeitet. Im Kontext dieser theoretischen Analysedimensionen kann aus mehreren in Ecuador im Jahr 2015 durchgeführten biographischen Interviews das Bild einer spezifischen Mittelklassenfraktion gezeichnet werden, deren Inklination zu einer kapitalistischen Moderne, zu individuellen Aufstiegsideologien und zu bonapartistischen Formen der politischen Repräsentation in einem scharfen Gegensatz zu den dekolonialen Projekten der indigenen politischen Kräfte des Landes steht, die dadurch politisch blockiert werden.