Abstract (deu)
Die Prämotortheorie geht davon aus, dass jede Augenbewegung vorbereitet werden muss. Dies geschieht mittels verdeckter Aufmerksamkeitsverlagerung vor Ausführung der Sakkade hin auf das Sakkadenziel. Bisher wurde dies anhand von Doppelaufgaben untersucht, wobei zusätzlich zur Augenbewegung ein Diskriminationstarget bearbeitet werden musste. Da jedoch ein konfundierender Einfluss der zweiten Aufgabe nicht ausgeschlossen werden kann, sollten in der vorliegenden Studie Doppelaufgaben direkt mit Einfachaufgaben verglichen werden. Dabei sollten 36 Probanden Augenbewegungen hin auf den richtigen Farbkreis (Einfachaufgabenbedingung) ausführen und in Doppelaufgabenbedingung zusätzlich die Richtung des asymmetrisch verschobenen Kreuzes angeben. Bei Doppelaufgaben konnten Sakkadentarget (ST) und Diskriminationstarget (DT) auf gleicher Stelle, gleicher Seite aber unterschiedlicher Stelle oder auf gegenüberliegenden Seiten gezeigt werden. Gemessen wurde mittels Eyetracker und EEG. Anhand kontra- ipsilateraler Differenzen sollte das Auftreten von verdeckter Aufmerksamkeitsverlagerung untersucht werden (EKP-Komponente N2pc). Erwartet wurde, dass (1) kontra- ipsilaterale Differenzen (i.S. einer N2pc) bei Doppelaufgaben negativer im Vergleich zu Einfachaufgaben ausfallen; (2) die Sakkadenlatenz kürzer sei, wenn ST und DT an derselben Stelle (räumlicher Kongruenzeffekt) bzw. (3) auf gleicher Seite (Prämotor-Theorie) präsentiert wurden; (4) die Sakkadenlatenz in Doppelaufgaben länger sei.
Hypothese (2) und (4) konnten bestätigt werden. Hypothese (1) wurde widerlegt – ein gegenläufiger Trend war der Fall – Probanden wiesen in Doppelaufgabenbedingung eine positivere kontra- ipsilaterale Differenz auf, was auf eine Inhibition des STs hinweisen könnte. Dass sich die Aufmerksamkeitsverlagerung aus den Verhaltensdaten nicht in den elektrophysiologischen Daten widerspiegelte, könnte aber daher rühren, dass die N2pc womöglich kein Marker prä-sakkadisch visuell-räumlicher Aufmerksamkeitsverlagerung ist. In der vorliegenden Arbeit wird in einigen Ansätzen versucht, diese Ergebnisse zu erläutern.