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Title (deu)
Vergangenheit als "Eternal Present"?
eine lebensgeschichtliche Studie zu palästinensischen Flüchtlingen im Libanon
Author
Wulf-Marten Frauen
Adviser
Andre Gingrich
Assessor
Regina Bendix
Assessor
Stephan Prohazka
Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit widmet sich in ihrer Gesamtheit der palästinensischen Minorität im Libanon und stellt dabei Fragen nach etwaigen Divergenzen bei der Identitätskonstruktion unter männlichen Palästinensern unterschiedlichen Alters entlang generationeller Bruchlinien. Seit der Vertreibung respektive Flucht aus Palästina im Kontext der Staatsgründung Israels und des ersten arabisch-israelischen Krieges 1948 stellt das sogenannte palästinensische Flüchtlingsproblem eines der Haupthindernisse für einen dauerhaften Frieden sowie einen destabilisierenden Faktor in der Region des Nahen Ostens dar, was sich an keinem Staat besser illustrieren ließe als dem kleinen Libanon. Während der konfliktbeladenen Vergangenheit der Zedernrepublik etablierten sich in der libanesischen Gesellschaft nachhaltige Ressentiments gegenüber den Palästinensern, welche deren endgültige Entkoppelung von der Majoritätsgesellschaft zementierten. Auf politischer und struktureller Ebene manifestiert sich diese in einer systematischen Marginalisierung wie der anhaltenden Verweigerung von Bürgerrechten und einem damit einhergehenden weitflächigen Arbeitsverbot. Da Israel eine Rückkehr der Flüchtlinge kategorisch ablehnt scheinen die Palästinenser im Libanon seit nunmehr 70 Jahren in einem denkbar ungünstigen Status Quo gefangen. In Analogie hierzu hat sich in der Literatur das Bild einer in der Vergangenheit verhafteten Diasporagemeinschaft etabliert, welche in Passivität permanent die Bilder einer verlorenen Heimat reproduziert und die Vertreibung aus dieser als eine Art „Eternal Present“, wie es der berühmte Soziologe Aḥmad Saʿdī einmal ausdrückte, als nicht enden wollende Katastrophe (weiter-)erlebt. Die meisten neueren Publikationen zementieren dabei dieses etwas diffuse Bild eines uniformen Identitätsentwurfes. Im Kontrast hierzu zeichnet die vorliegende Untersuchung ein weit bunteres Bild: Im Zuge zwei mehrmonatiger Feldforschungen im Flüchtlingslager Šātīlā, flankiert durch eine ausführliche Literaturrecherche, konnte herausgefunden werden, dass sich palästinensische Identitäten im Libanon durch eine erstaunliche Heterogenität kennzeichnen. Theoretisch auf Karl Mannheim Bezug nehmend, welcher postulierte, dass Ereignisse besonderer Prägkraft im Jugendalter eine identitätskonstituierende Wirkung entfalten können, wurden zumindest für Šātīlā unterschiedliche Generationen identifiziert, welche auf die sie umgebenden (schwierigen) Rahmenbedingungen ganz eigene Antworten fanden und finden und die sie umgebende Welt in unterschiedlicher Form deuten.
Abstract (eng)
This thesis highlights the Palestinian minority in Lebanon and investigates within this context how male Palestinians of different age construct their identities. The main question of the investigation is whether there are noteworthy differences in the process of identityconstruction among Palestinian refugees in Lebanon due to their generational belonging. Ever since their expulsion (respectively their flight) from Palestine due to the foundation of the state of Israel and the first Arab-Israeli War in 1948 the so called ‘Palestinian refugee problem’ has been an obstacle for a sustainable peace and has therefore been continuously destabilizing the region. This likely becomes nowhere more obvious than in the small country of Lebanon, where Palestinians have been suffering from structural discrimination limiting their access to the labor market and keeping them from obtaining civil rights ever since their arrival 70 years ago. Since Israel is categorically denying a right of return, the Palestinians in Lebanon have been trapped for all these years in a depressing status quo with little chance of future improvement. In accordance with this situation, the literature on Palestinians in Lebanon is dominated by the stereotypical image of a Diaspora community, the members of which are passively sitting in their refugee camps with mindsets still located in a distant past, longing for a home country which loss they are perceiving as an “Eternal Present”, as it was once expressed by the famous scholar Aḥmad Saʿdī. Although exceptions do exist, most publications on the topic still rely on this idea and thereby strengthen this diffuse picture of a unified Palestinian identity. However, this study shows a quite different picture: Throughout my fieldwork in the Palestinian refugee camp Šātīlā (combined of two stays there, each lasting several months), I found that the process of identity formation among Palestinian refugees in Lebanon is dominated by a remarkable diversity. The study, also relying on the available literature on the subject and taking the German sociologist Karl Mannheim, among others, as a theoretical frame, shows that, at least in Šātīlā, various events formed three distinctly different generations. These three generations have very different views on and very different understandings of their surrounding environment. Accordingly, they also have different answers to the challenges that the Palestinian experience in Lebanon poses.
Keywords (deu)
FlüchtlingeLibanonPalästinenserErinnerungskultur
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1341067
rdau:P60550 (deu)
245 Seiten : Illustrationen
Number of pages
265
Members (1)
Title (deu)
Vergangenheit als "Eternal Present"?
eine lebensgeschichtliche Studie zu palästinensischen Flüchtlingen im Libanon
Author
Wulf-Marten Frauen
Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit widmet sich in ihrer Gesamtheit der palästinensischen Minorität im Libanon und stellt dabei Fragen nach etwaigen Divergenzen bei der Identitätskonstruktion unter männlichen Palästinensern unterschiedlichen Alters entlang generationeller Bruchlinien. Seit der Vertreibung respektive Flucht aus Palästina im Kontext der Staatsgründung Israels und des ersten arabisch-israelischen Krieges 1948 stellt das sogenannte palästinensische Flüchtlingsproblem eines der Haupthindernisse für einen dauerhaften Frieden sowie einen destabilisierenden Faktor in der Region des Nahen Ostens dar, was sich an keinem Staat besser illustrieren ließe als dem kleinen Libanon. Während der konfliktbeladenen Vergangenheit der Zedernrepublik etablierten sich in der libanesischen Gesellschaft nachhaltige Ressentiments gegenüber den Palästinensern, welche deren endgültige Entkoppelung von der Majoritätsgesellschaft zementierten. Auf politischer und struktureller Ebene manifestiert sich diese in einer systematischen Marginalisierung wie der anhaltenden Verweigerung von Bürgerrechten und einem damit einhergehenden weitflächigen Arbeitsverbot. Da Israel eine Rückkehr der Flüchtlinge kategorisch ablehnt scheinen die Palästinenser im Libanon seit nunmehr 70 Jahren in einem denkbar ungünstigen Status Quo gefangen. In Analogie hierzu hat sich in der Literatur das Bild einer in der Vergangenheit verhafteten Diasporagemeinschaft etabliert, welche in Passivität permanent die Bilder einer verlorenen Heimat reproduziert und die Vertreibung aus dieser als eine Art „Eternal Present“, wie es der berühmte Soziologe Aḥmad Saʿdī einmal ausdrückte, als nicht enden wollende Katastrophe (weiter-)erlebt. Die meisten neueren Publikationen zementieren dabei dieses etwas diffuse Bild eines uniformen Identitätsentwurfes. Im Kontrast hierzu zeichnet die vorliegende Untersuchung ein weit bunteres Bild: Im Zuge zwei mehrmonatiger Feldforschungen im Flüchtlingslager Šātīlā, flankiert durch eine ausführliche Literaturrecherche, konnte herausgefunden werden, dass sich palästinensische Identitäten im Libanon durch eine erstaunliche Heterogenität kennzeichnen. Theoretisch auf Karl Mannheim Bezug nehmend, welcher postulierte, dass Ereignisse besonderer Prägkraft im Jugendalter eine identitätskonstituierende Wirkung entfalten können, wurden zumindest für Šātīlā unterschiedliche Generationen identifiziert, welche auf die sie umgebenden (schwierigen) Rahmenbedingungen ganz eigene Antworten fanden und finden und die sie umgebende Welt in unterschiedlicher Form deuten.
Abstract (eng)
This thesis highlights the Palestinian minority in Lebanon and investigates within this context how male Palestinians of different age construct their identities. The main question of the investigation is whether there are noteworthy differences in the process of identityconstruction among Palestinian refugees in Lebanon due to their generational belonging. Ever since their expulsion (respectively their flight) from Palestine due to the foundation of the state of Israel and the first Arab-Israeli War in 1948 the so called ‘Palestinian refugee problem’ has been an obstacle for a sustainable peace and has therefore been continuously destabilizing the region. This likely becomes nowhere more obvious than in the small country of Lebanon, where Palestinians have been suffering from structural discrimination limiting their access to the labor market and keeping them from obtaining civil rights ever since their arrival 70 years ago. Since Israel is categorically denying a right of return, the Palestinians in Lebanon have been trapped for all these years in a depressing status quo with little chance of future improvement. In accordance with this situation, the literature on Palestinians in Lebanon is dominated by the stereotypical image of a Diaspora community, the members of which are passively sitting in their refugee camps with mindsets still located in a distant past, longing for a home country which loss they are perceiving as an “Eternal Present”, as it was once expressed by the famous scholar Aḥmad Saʿdī. Although exceptions do exist, most publications on the topic still rely on this idea and thereby strengthen this diffuse picture of a unified Palestinian identity. However, this study shows a quite different picture: Throughout my fieldwork in the Palestinian refugee camp Šātīlā (combined of two stays there, each lasting several months), I found that the process of identity formation among Palestinian refugees in Lebanon is dominated by a remarkable diversity. The study, also relying on the available literature on the subject and taking the German sociologist Karl Mannheim, among others, as a theoretical frame, shows that, at least in Šātīlā, various events formed three distinctly different generations. These three generations have very different views on and very different understandings of their surrounding environment. Accordingly, they also have different answers to the challenges that the Palestinian experience in Lebanon poses.
Keywords (deu)
FlüchtlingeLibanonPalästinenserErinnerungskultur
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1341068
Number of pages
265