Abstract (deu)
Im 16. und 17. Jahrhundert erschienen zahlreiche Werke zur Wissensvermittlung, aber auch der Nacherzählung und Verherrlichung der Missionsarbeiten in der Neuen Welt, um viele Menschen zu motivieren daran mitzuwirken. Schon sehr früh äußerten sich jedoch auch Dominikaner, die sich auf Hispaniola selbst ein Bild darübermachen konnten, mit Kritik an der gewaltsamen Christianisierung der Ureinwohner. Einer von ihnen war Bartolomé de las Casas, dessen Bericht Brevísima relación de la destruición de las Indias, auf Deutsch Kurzgefassten Bericht von der Verwüstung der Westindischen Länder, besonders hervorzuheben ist. Er selbst war als Geistlicher in der Missionierung tätig und wurde dadurch Augenzeuge der Massaker.
Dadurch entstand auch die sogenannte leyenda negra, ein antispanisches Geschichtsbild, welches sich ab dem 16. Jahrhundert verbreitete und die Spanier als gewalttätig, brutal, zynisch, boshaft und faul bezeichnet. Diese antispanische Kolonialkritik beinhaltet die entgegengesetzten Standpunkte zur leyenda blanca oder auch leyenda rosa. Die „Weiße Legende“, hingegen, besagt, dass das Vorgehen der Europäer in der Neuen Welt rechtmäßig war, da damit der Kannibalismus, Menschenopfer und weitere Barbareien abgeschafft wurden und das Christentum bzw. die Zivilisation verbreitet wurde.
Ausgangspunkt der Arbeit ist der Einfluss Bartolomé de las Casas‘ auf die Entwicklung des antispanischen Weltbildes, der sogenannten leyenda negra, und seine Idee der Menschenrechte. Vor und während der Erarbeitung warfen sich folgende Fragen auf:
- Inwiefern beeinflussten die Werke Bartolomé de las Casas‘ die leyenda negra?
- Gibt es in seinen Schriften tatsächlich die Vorstellung der Menschenrechte?
- Welche ethnischen Gruppen betrachtete er als „menschenwürdig“? Galten seine Forderungen auch den Sklaven?
- Wie entwickelte sich Las Casas‘ differenziertes Bild? Kritisierte er von Anfang an die spanische Conquista?
- Hatte er Erfolg? Konnte er etwas mit seiner Kritik bewirken?
- Was war seine Motivation für die Unterstützung der Indios?
- Wie wird das Thema heutzutage in spanischen Schulen behandelt? Welche Unterschiede gibt es zu österreichischen Schulbüchern?
Geplant ist zum einen ein theoretischer Teil, der das Wissen aus der Literaturrecherche zusammenfassen soll, und zum anderen ein praktischer Teil, welcher sowohl eine Schulbuchanalyse von spanischen und österreichischen Werken, als auch die Ausarbeitung ausgewählter Textstellen des Kurzgefassten Berichtes Las Casas’ beinhaltet. Die Arbeit beginnt mit der Einleitung, setzt mit der Situation in Lateinamerika, einem kurzen Abriss der Vorgeschichte, der Eroberung durch die Spanier, der Missionierung, den Folgen der Conquista und der Schulbuchanalyse fort und behandelt im darauffolgenden Kapitel das Leben und Werk Bartolomé de las Casas‘, in dem auch der zweite praxisbezogene Abschnitt vorkommt. Anschließend wird näher auf die leyenda negra eingegangen, während ich im letzten Kapitel über die Idee der Menschenrechte, deren Geschichte und die Tendenz des Geistlichen bzw. seine Vorstellung dazu, schreiben werde. Zum Abschluss sollen die Ergebnisse resümiert werden.
Die Schulbuchanalyse dient zur Untersuchung, inwiefern das Thema der Folgen der Entdeckung Amerikas für Land und Ureinwohner in spanischen Schulen unterrichtet wird und welche Unterschiede es zu österreichischen gibt. Mithilfe von quantitativen als auch qualitativen Methoden soll die Darstellung von drei Aspekten erforscht werden (Entdeckung Amerikas, indigene Bevölkerung, Folgen der Eroberung). Dafür werden insgesamt acht Schulbücher (vier für jedes Land) herangezogen, wobei drei im instituto (Ciencias sociales, Tiempo 2, Historia), eines im bachillerato (Historia de España) und jeweils zwei in der Unterstufe (Zeitbilder 3, einst und heute 3) und Oberstufe (Streifzüge durch die Geschichte 6, Zeitbilder 6) verwendet werden. Die Analyse orientiert sich an der These, dass in spanischen Lehrwerken kaum die negativen Folgen der Kolonialisierung Lateinamerikas für die Ureinwohner behandelt werden. Für den zweiten praktischen Teil wird der Kurzgefasste Bericht ausgewählt, aus dem Passagen angeführt und kommentiert werden. Außerdem wird die Sekundärliteratur dazu konsultiert.
Ergeben hat meine Arbeit, dass Bartolomé de las Casas sehr wohl den Grundgedanken der Menschenrechte aufgegriffen hat, auch wenn er lange Zeit bei der Verteidigung der Rechte der Urbevölkerung nicht an jene der Schwarzen gedacht hat. Immerhin musste man ihm auch hinsichtlich der Behandlung der Indigenen die Augen öffnen. Aufgrund seiner Erfahrungen in der Neuen Welt, seiner Freundschaft mit Pedro de Córdoba, der Tätigkeiten anderer Dominikanermönche usw. änderte er seine Meinung, gab seine encomienda zurück und widmete sich der Unterstützung der autochthonen Bevölkerung. Nichtsdestotrotz trug er mit seinen Schriften zur Verbreitung der leyenda negra bei, weil sich dadurch die politischen Gegnern Spaniens bestärkt fühlten, sie zu Propagandazwecke nutzten usw. Die Schulbuchanalyse hat ergeben, dass spanische Lehrwerke kaum die Folgen der Eroberung Lateinamerikas behandeln, in vielen Fällen sie sogar beschönigen, während österreichische Schulbücher zwar schon darüber unterrichten, allerdings dabei die Spanier als besonders brutal darstellen und nicht erwähnen, dass auch andere europäische Länder in der Neuen Welt tätig waren.