Abstract (deu)
Von Christoph Martin Wieland stammt aus dem Jahr 1770 eine Erzählung mit einem mexikanischen Thema. Sie thematisiert nicht die Eroberung oder eine ethnographische Beschreibung, sondern ein fiktives Zusammentreffen zwischen einem Mann namens "Koxkox" und einer Frau, die sich "Kikequetzel" nennt, nach einer schrecklichen Überschwemmung, der beinahe alle Menschen dieses Landstriches zum Opfer fielen. Wielands Geschichte zeigt uns ein Mexiko in der Frühzeit des Kontinents.
Meine ersten Bemühungen bestanden darin, den starken Mexikobezug im gesamten Erzähltext herauszuarbeiten, einem der sehr frühen literarischen Texte mit mexikanischer Thematik. Im weiteren Verlauf der Untersuchung entdeckte ich, dass sich die Erzählung in eine philosophische Auseinandersetzung ihrer Zeit einschrieb, als Antwort auf die "Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen" von Jean-Jacques Rousseau aus dem Jahr 1754. Die Geschichte von "Koxkox und Kikequetzal" wurde zuerst in einem Sammelband veröffentlicht, der den Namen "Beyträge zur geheimen Geschichte des menschlichen Verstandes und des Herzens" trägt.
Nach einer eingehenden Untersuchung ungewöhnlicher Ausdrücke der Fassung von 1770 und der letzten Ausgabe zu Wielands Lebzeiten versuchte ich aufzuzeigen, dass Wielands Text nicht lediglich eine negative Antwort auf Rousseau, sondern einen eigenständigen Entwurf zum Zivilisationsprozess darstellt.