Abstract (deu)
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der britischen Kolonialarchitektur und autochthoner indischer Architektur zwischen dem Todesjahr Queen Victorias 1901 und dem Jahr der Unabhängigkeit 1947. Vor diesem Hintergrund ist besonders die Wechselwirkung zwischen Baupolitik und nationalistischen Bestrebungen von Interesse. Da aber auch ökonomische Veränderungen, wissenschaftliche Diskurse und kulturelle Paradigmen Auswirkungen auf die stilistische Orientierung der Bauten hatten, werden sie ebenfalls näher beleuchtet. Unter anderem werden die Gründe für die Abkehr vom „indosarazenischen Stil“ bzw. die Hinwendung zum „Classical Revival“ untersucht. Dem vorangestellt ist allerdings eine formale Analyse und eine Herleitung einzelner baulicher Motive anhand von Fallbeispielen. Doch auch auf die Situation der Architekten, Baumaterialien und -techniken sowie Bautypen wird eingegangen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Bauten im Kontext mit den genannten ikonologischen Dimensionen zu betrachten, um so der Identität der indischen Architektur ein Stück näher zu kommen. All dies findet unter Berücksichtigung postkolonialer Thesen statt.
Monumente wie das Victoria Memorial in Kolkata (1901/06 – 1913/21), das Prince of Wales Museum in Mumbai (1905/08 – 1915/22) oder die Government Buildings in Neu-Delhi (1912 – 1927/31) spiegelten als bauliche Manifestationen die Ideale der britischen Kolonialmacht wider. Mit wachsendem politischen Widerstand seitens der heimischen Bevölkerung bildete auch die indische Avantgarde eine Architektur aus, die ihrer Forderung nach Selbstbestimmung Ausdruck verleihen sollte, wie etwa den Sabarmati Ashram in Amdāvād (ab 1918) oder Śāntiniketan bei Bolpur (1918 – 1939). Hier sollten Alternativen zur bestehenden gesellschaftlichen Ordnung aufgezeigt werden. Über verschiedene Modelle versuchten die Protagonisten des nationalistischen Swadeshi Movements identitätsstiftend auf dem Weg zur Unabhängigkeit zu wirken.