Abstract (deu)
Vorstellungen von Liebe als Krankheit sind sehr alt – und bis in unsere Zeit erhalten geblieben. Belege finden sich seit über 3000 Jahren in den verschiedenen Sprachen und Kulturen.
Die vorliegende Diplomarbeit setzt sich mit der Liebeskrankheit in der mittelalterlichen Literatur auseinander. Als Untersuchungsgegenstand werden dabei Heinrichs von Veldeke „Eneasroman“ und Gottfrieds von Straßburg „Tristan“ behandelt. Gottfrieds Werk zählt durch den Mythos der Liebe in den Zwängen der Gesellschaft bis heute zu den bekanntesten Liebesgeschichten der Weltliteratur überhaupt. Er gilt für viele als der Minneroman schlechthin. Im Gegensatz dazu wird im Eneasroman eine Liebe mit vorbildlichem Charakter verkörpert.
Anhand der vorkommenden Beziehungen in den Romanen zeigt sich, wie sich die seelischen Unruhen der Betroffenen, ausgelöst durch zwischenmenschliche Gefühle, auf ihre Körper auswirken. Diese Unruhen enden meist in einem quälenden Schmerzzustand der unerfüllten oder verbotenen Liebe. Hierbei spricht man von einem Zustand der Liebeskrankheit. Oberstes Ziel ist eine Heilung der Betroffenen durch Erfüllung der Gegenliebe oder erlaubte Beziehungen ohne Verlust der Ehre. In einem andauernden Konflikt zwischen privater Liebe und den Zwängen der Gesellschaft gibt es letzten Endes verschiedene Ausgänge und Verläufe dieser Dilemmata. Diese reichen von einer glücklichen Heirat mit Genesung bis zum Kon-trollverlust, Ächtung der Gesellschaft oder dem Tod. Dennoch durchzieht die Liebe als zerstörerische Kraft die beiden Romane und sie ist fast immer mit Leid und sowohl physischem, als auch psychischem Schmerz verbunden.
Im letzten Teil der Arbeit erfolgt eine diskursive Analyse mit Andreas Capellanus Regelwerk der Liebe „De amore libri tres.“ Es wird herausgefunden, inwieweit die beiden mittelalterli-chen Primärwerke von seinen aufgestellten Definitionen und Normen beeinflusst wurden. Die Frage nach einer inhaltlichen Vernetzung wird anhand der ersten zwei seiner drei Bücher beantwortet.