Abstract (deu)
In der Theaterwissenschaft kann die Frage nach dem Theater als eigenes Medium oder
Akkumulationsort von Medien immer wieder neu verhandelt werden. In der Debatte spielen
Konzepte der Inter-, Trans- und Multimedialität sowie Konzepte des Crossing Media
tragende Rollen. Mit der Verwendung neuerer oder der Kunstgattung Theater fremder
Techniken, wie der Live-Kamera, dem Live-Schnitt und der gleichzeitigen Repräsentation des
Films und des Schauspiels auf einer gemeinsamen Theaterbühne, stellen sich hier zusätzlich
Fragen der Grenzen von Theater und Film, aber auch an ihre Disjunktion. Diese Arbeit
versucht diese Fragen für das Live-Cinema auf der Theaterbühne anhand von Inszenierungen
von Regisseurin Katie Mitchell zu beantworten. Neben der Einordnung des Live-Cinemas in
Definitionen, Medialitätskonzepte und Kontextualisierungen (Erwin Piscator, Frank Castorf)
sollen, mithilfe von Inszenierungsanalysen, auch Fragen an ein neues gegenwärtiges Theater
und seine Strategien und Mittel zwischen Theater und Film gestellt werden. Gerade das
Zwischen den Medien, das Spannungsfeld von Inszenierung und Choreographie, Theater und
Film, Realität und Illusion lässt für Regisseure neue Narrationsmittel und für Zuschauer neue
Rezeptionsmöglichkeiten zu und definiert in den Leerstellen bzw. den Schnittpunkten die
einzelnen Begriffe neu. Im Zusammenhang mit dem Publikum als hierarchisch fixiertes oder
sich einfühlendes Subjekt (Baudry, Kracauer) und dessen Reizüberflutung durch die
Gleichzeitigkeit von Theaterschauspiel und Filmproduktion und -repräsentation, wird das
Sehen zur eigenen Entscheidung für den Film oder das Schauspiel. Der ständige Blickwechsel
zwischen den einfühlenden Mitteln des Films und der distanzierenden Form des Theaters
bringt das Verstehen des Dazwischens und seine intendierte, theoretische Zuschauerwirkung
ein. Dazu werden die fragmentierten Körperdarstellungen des Schauspielers, der Produktion
des theatralen Live-Cinemas, des simultanen Bühnenraumes, der (Gleich-)Zeitlichkeit aller
Fragmente und des wechselnden Blickes des Zuschauers anhand von
Inszenierungsbeispielen analysiert.