Abstract (deu)
Extrakorporale Blutreinigungssysteme werden verwendet, um Substanzen aus dem Blut von Patienten durch Filtrations- oder Adsorptionseinheiten zu entfernen. Bekanntestes Beispiel ist die chronische Dialyse bei chronischer Niereninsuffizienz. Diese langfristige bis lebenslange Behandlung ermöglicht Patienten mit schwacher oder keiner Nierenleistung ein Überleben bzw. eine beschwerdearme Wartezeit, bis ein geeignetes Transplantat zu Verfügung steht. In den letzten Jahrzehnten wurden Anstrengungen unternommen, auch bei Leber- und Sepsiserkrankungen extrakorporale Blutreinigungsverfahren als unterstützende Therapie zu verwenden. Zusätzlich zur Dialyse kommen Adsorber zum Einsatz, welche die Entfernung von Protein-gebundenen und hochmolekularen Substanzen aus dem Blut ermöglichen. Zielsubstanzen bei der extrakorporalen Leber- und Sepsistherapie sind unter anderem Bilirubin, Gallensäuren, Endotoxine, Zytokine und andere Entzündungsmediatoren.
Ziel dieser Arbeit war es, bestehende und neue, als Medizinprodukt noch nicht zugelassene Adsorber, hinsichtlich ihrer Effektivität und Blutverträglichkeit mit Hilfe von in vitro-Experimenten zu testen. Des Weiteren wurden Kombinationen von bestehenden Blutreinigungsverfahren für eine effizientere Behandlungsmöglichkeit bei Leber- und Sepsis-Erkrankungen untersucht.
Adsorptionsstudien mit kommerziell erhältlichen Endotoxinadsorbern wurden in Serum, Plasma und Blut mit Hilfe von Batchtests durchgeführt. Zusätzlich wurde untersucht, ob die Endotoxin-Inaktivierung durch die Verwendung von Polymyxin B (PMB), einem Antibiotikum mit hoher Affinität zu Endotoxinen, eine geeignete Alternative zu den Endotoxinadsorbern darstellt.
Polystyrol-Divinylbenzol basierte Adsorber mit unterschiedlichen Porengrößen wurden hinsichtlich Effizienz und Biokompatibilität mit kommerziell erhältlichen Zytokinadsorbern verglichen. Neben der Plasma- und Blutverträglichkeit wurde mit Hilfe von Batchtests in Plasma die adsorptive Entfernung ausgewählter Antibiotika untersucht. Zusätzlich wurde getestet, ob durch die Anwendung der regionalen Zitratantikoagulation anstatt von Heparin die Blutverträglichkeit in extrakorporalen Blutreinigungsverfahren gesteigert werden kann.
Die Poren von Adsorbern wirken als Molekularsieb und verhindern das Eindiffundieren von Molekülen, die größer als der Porendurchmesser sind. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass bei Polystyrol-Divinylbenzol-Copolymer basierenden Adsorbern 15 nm Poren für die Zytokin-Entfernung am geeignetsten sind. Hingegen sind für die Entfernung von Albumin-gebundenen Toxinen aus dem Blut Poren zwischen 30 und 40 nm am effektivsten. Poren mit noch größerem Durchmesser verringern die selektive Wirkung von Adsorbern und führen zu einer unkontrollierten Adsorption von allen Plasmaproteinen. Dadurch sind letztere nicht plasmakompatibel und erfüllen somit nicht die Anforderungen für die Verwendung in der extrakorporalen Blutreinigung. Die Blutverträglichkeit, Selektivität und Effizienz von Adsorbern, welche in der Blutreinigung eingesetzt werden, können somit durch die richtige Wahl der Porenverteilung verbessert werden. Bei der adsorptiven Entfernung von Zytokinen aus humanem Plasma zeigte der Adsorber CG161 die größte Effizienz. Zusätzlich konnte dieser Adsorber im Gegensatz zu den in der Klinik eingesetzten Adsorbern auch TNF-α großteils entfernen. In separaten in vitro-Experimenten konnte gezeigt werden, dass Adsorber, die in der Blutreinigung zu Anwendung kommen, den Serumspiegel von ausgewählten Antibiotika adsorptiv reduzieren. Für ein besseres und sicheres Antibiotika-Monitoring in der extrakorporalen Leber- und Sepsis-Behandlung müssen weitere Untersuchungen zur Bestimmung der Clearance von Antibiotika während der extrakorporalen Therapie durchgeführt werden.
In Adsorptions- und Filtrationsexperimenten mit Blut konnte gezeigt werden, dass die Zitratantikoagulation im Vergleich zu Heparin die Bioverträglichkeit von Materialien, welche in der Blutreinigung zur Anwendung kommen, deutlich verbessert.
Von allen in dieser Arbeit untersuchten Endotoxinadsorbern zeigte die DEAE-Sepharose die effektivste Endotoxin-Elimination. DEAE-Sepharose kann jedoch durch seine schlechte Bioverträglichkeit in Blut und Plasma nicht eingesetzt werden. Von den übrigen Adsorbern konnten nur die PMB basierenden Adsorber eine Endotoxin-Reduktion bewirken. Jedoch konnte auch gezeigt werden, dass die Abnahme der LPS-Aktivität durch desorbiertes PMB verursacht wurde, welches Endotoxine als LPS-PMB-Komplex bindet. Liegen Endotoxine in Form des LPS-PMB-Komplexes besitzen eine geringere Immun-stimulierende Wirkung im Blut und führen dort zu einer stark reduzierten Zytokinsekretion durch Leukozyten. Auf Grund der in vitro Ergebnisse konnten wir zeigen, dass der ideale PMB-Serumspiegel für die LPS-Inaktivierung zwischen 100 und 200 ng/ml liegt. Durch die Beschichtung des Zytokinadsorbers CG161 mit PMB konnte die adsorptive Zytokinentfernung und eine kontinuierliche PMB-Freisetzung durch ein und denselben Adsorber erreicht werden.
Eine neue extrakorporale Therapiemöglichkeit für die Gram-negative Sepsis könnte durch eine Kombination von bestehenden und neu entwickelten Verfahren sein. Dieses könnte sich zusammensetzen aus:
1. Einem Zytokinadsorber, der auch in der Lage ist Protein-gebundene Toxine aus dem Blut zu entfernen.
2. Einem Verfahren, welches die immunstimulierende Eigenschaft von Endotoxinen inaktiviert. Dies kann durch eine kontinuierliche Polymyxin Infusion oder durch einen Polymyxin-beschichteten Adsorber erreicht werden.
3. Einem High-Cut off Filter, welcher effizient urämische Toxine entfernt und zusätzlich kleine bis mittelmolekulare Entzündungsmediatoren entfernt.
4. Einer regionalen Zitratantikoagulation, welche die Plasma und Blutverträglichkeit der Materialien verbessert.
Weitere in vitro-Versuche müssen noch folgen, um einen sicheren Einsatz in der Klinik zu ermöglichen.