Die vorliegende Dissertation befasst sich mit der Rolle des Gefängnisses in den vormetaphrastischen Märtyrerakten (datiert vom 4. bis zum 9. Jahrhundert), deren Umarbeitungen den mit Abstand größten Textanteil im Menologion des Symeon Metaphrastes aus dem 10. Jahrhundert (ca. 80 von 148 Texten) ausmachen. In meiner literarischen Analyse stelle ich Vergleiche zwischen vormetaphrastischen und metaphrastischen Textfassungen an, von denen die meisten in keine moderne Sprache übersetzt worden sind und noch keine kritische Aufmerksamkeit erfahren haben. In Anlehnung an das anthropologische Konzept der Liminalität (Arnold van Gennep, Victor Turner) lege ich dar, dass das Gefängnis ein Übergangsraum ist, in dem die Entwicklung der körperlichen Ausdauer und der spirituellen Reife der Protagonisten stattfindet und zu ihrer Identität als Märtyrer beiträgt. Innerhalb der hier untersuchten Märtyrergeschichten unterbrechen Gefängnisszenen den Erzählfluss und dienen mehreren Funktionen: Erholungspause für Märtyrer und Publikum, Einfügen von predigtartigen Ermahnungen, Einführung von zusätzlichen Figuren, Verzögerung des Märtyrertodes und Spannung für Figuren sowie für Leser bzw. Zuhörer. Durch ihre Aktionen und Aktivitäten im Gefängnis, wie Wunder und Gebete, erweisen sich die inhaftierten Märtyrer als Mittler zwischen Gott und Mensch und erlangen so den Ruf der Heiligkeit. In einer Reihe von Kapiteln werden wesentliche Aspekte des Gefängnisses als Schwellenraum in Hinsicht auf Terminologie (Kapitel 1), Erzählstruktur (insb. Kapitel 2), Gender (Kapitel 3) und Empfindungen, nämlich Emotionen und Gefühle (Kapitel 4), besprochen. Alle Kapitel unterstreichen die vielschichtige Verwandlung sowohl von Figuren als auch von Gefängnisräumen, welche während der Inhaftierung der Märtyrer geschieht. Neben einer kritischen Lektüre der Quellen bietet meine Dissertation deutsche Übersetzungen der behandelten griechischen Passagen und liefert neue Einsichten in byzantinische hagiographische Studien.
My thesis deals with the role of prison in pre-Metaphrastic martyr narratives (dating from the 4th to the 9th centuries), whose re-workings constitute by far the largest percentage of texts in the 10th-century Menologion of Symeon Metaphrastes (ca. 80 out of 148 texts). Throughout my literary analysis, I draw comparisons between pre-Metaphrastic and Metaphrastic text versions, the majority of which is not translated into any modern language and has never received any critical attention. Inspired by the anthropological concept of liminality (Arnold van Gennep, Victor Turner), I argue that prison is a transitional space where the formation of corporeal endurance and spiritual maturity of the protagonists takes place, contributing to their identity as martyrs. Within the examined martyrdom accounts, prison scenes interrupt the narrative flow and serve multiple functions: relaxing pause for martyr and audience, insertion of sermon-like exhortations, introduction of additional characters, delay of the martyr’s death and suspense for both characters and actual readers or listeners. Through their actions and activities in prison, such as miracles and prayers, the imprisoned martyrs prove to be intercessors between God and man and thus gain the reputation of holiness. A series of chapters discusses key aspects of prison as a liminal space from the perspectives of terminology (chapter 1), narrative (esp. chapter 2), gender (chapter 3), emotions and the senses (chapter 4). All chapters underline the multi-layered transformation of characters as well as of prison spaces that occurs during the confinement of martyrs. Apart from a critical reading of the sources, my thesis provides German translations of the Greek passages in question and produces new insights into Byzantine hagiographical studies.
Die vorliegende Dissertation befasst sich mit der Rolle des Gefängnisses in den vormetaphrastischen Märtyrerakten (datiert vom 4. bis zum 9. Jahrhundert), deren Umarbeitungen den mit Abstand größten Textanteil im Menologion des Symeon Metaphrastes aus dem 10. Jahrhundert (ca. 80 von 148 Texten) ausmachen. In meiner literarischen Analyse stelle ich Vergleiche zwischen vormetaphrastischen und metaphrastischen Textfassungen an, von denen die meisten in keine moderne Sprache übersetzt worden sind und noch keine kritische Aufmerksamkeit erfahren haben. In Anlehnung an das anthropologische Konzept der Liminalität (Arnold van Gennep, Victor Turner) lege ich dar, dass das Gefängnis ein Übergangsraum ist, in dem die Entwicklung der körperlichen Ausdauer und der spirituellen Reife der Protagonisten stattfindet und zu ihrer Identität als Märtyrer beiträgt. Innerhalb der hier untersuchten Märtyrergeschichten unterbrechen Gefängnisszenen den Erzählfluss und dienen mehreren Funktionen: Erholungspause für Märtyrer und Publikum, Einfügen von predigtartigen Ermahnungen, Einführung von zusätzlichen Figuren, Verzögerung des Märtyrertodes und Spannung für Figuren sowie für Leser bzw. Zuhörer. Durch ihre Aktionen und Aktivitäten im Gefängnis, wie Wunder und Gebete, erweisen sich die inhaftierten Märtyrer als Mittler zwischen Gott und Mensch und erlangen so den Ruf der Heiligkeit. In einer Reihe von Kapiteln werden wesentliche Aspekte des Gefängnisses als Schwellenraum in Hinsicht auf Terminologie (Kapitel 1), Erzählstruktur (insb. Kapitel 2), Gender (Kapitel 3) und Empfindungen, nämlich Emotionen und Gefühle (Kapitel 4), besprochen. Alle Kapitel unterstreichen die vielschichtige Verwandlung sowohl von Figuren als auch von Gefängnisräumen, welche während der Inhaftierung der Märtyrer geschieht. Neben einer kritischen Lektüre der Quellen bietet meine Dissertation deutsche Übersetzungen der behandelten griechischen Passagen und liefert neue Einsichten in byzantinische hagiographische Studien.
My thesis deals with the role of prison in pre-Metaphrastic martyr narratives (dating from the 4th to the 9th centuries), whose re-workings constitute by far the largest percentage of texts in the 10th-century Menologion of Symeon Metaphrastes (ca. 80 out of 148 texts). Throughout my literary analysis, I draw comparisons between pre-Metaphrastic and Metaphrastic text versions, the majority of which is not translated into any modern language and has never received any critical attention. Inspired by the anthropological concept of liminality (Arnold van Gennep, Victor Turner), I argue that prison is a transitional space where the formation of corporeal endurance and spiritual maturity of the protagonists takes place, contributing to their identity as martyrs. Within the examined martyrdom accounts, prison scenes interrupt the narrative flow and serve multiple functions: relaxing pause for martyr and audience, insertion of sermon-like exhortations, introduction of additional characters, delay of the martyr’s death and suspense for both characters and actual readers or listeners. Through their actions and activities in prison, such as miracles and prayers, the imprisoned martyrs prove to be intercessors between God and man and thus gain the reputation of holiness. A series of chapters discusses key aspects of prison as a liminal space from the perspectives of terminology (chapter 1), narrative (esp. chapter 2), gender (chapter 3), emotions and the senses (chapter 4). All chapters underline the multi-layered transformation of characters as well as of prison spaces that occurs during the confinement of martyrs. Apart from a critical reading of the sources, my thesis provides German translations of the Greek passages in question and produces new insights into Byzantine hagiographical studies.