Abstract (deu)
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen Beitrag zur Erforschung der Familie Tinti zu leisten. Karl Wilhelm (1829–1884) und sein Sohn Karl Gustav (1859–1914) Freiherr von Tinti, als Fideikommissherren Besitzer der Güter Schallaburg und Plankenstein, werden in ihrem Leben und Wirken vorgestellt. Danach wird ein kurzer Ausblick auf die nachfolgende Generation mit Karl Ferdinand (1891–1936) und Hugo Hermann (1894–1954) geworfen. Anhand der Lebenswege dieser Persönlichkeiten soll außerdem beispielhaft gezeigt werden, vor welche Herausforderungen Adelige damals gestellt waren, und welche Chancen sie wahrnehmen konnten. Die Wandlungsprozesse der Zeit stellten ihren althergebrachten privilegierten Status zunehmend infrage. Ausgehend von den Forschungskonzepten des „Niedergangs“ (Otto Brunner) und „Obenbleibens“ (Werner Sombart) des Adels im 19. Jahrhundert wird daher insbesondere untersucht, welche Strategien Karl Wilhelm und Karl Gustav gewählt haben, um sich gesellschaftlich zu behaupten und finanziell abzusichern. Es zeigt sich, dass Vater und Sohn sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen haben – mit unterschiedlichem Erfolg.
Zunächst werden ein Überblick über die Situation des Adels im 19. und frühen 20. Jahrhundert gegeben und traditionelle adelige Betätigungsfelder vorgestellt, danach die Geschichte und Herkunft der Familie Tinti kurz skizziert. Anschließend folgen die Darstellungen der Lebenswege Karl Wilhelms und Karl Gustavs.
Karl Wilhelm engagierte sich in vier Bereichen mit großem Erfolg: So verbesserte er die Wirtschaftsführung auf seinem Gut Schallaburg und erarbeitete sich einen angesehenen Status im landwirtschaftlichen Vereinswesen. Daneben beteiligte er sich an der Entwicklung der Patriotischen Hilfsvereine und war ein wichtiger Wegbereiter der Gründung des Österreichischen Roten Kreuzes, sowie dessen erster Präsident. Auch war er als Angehöriger des Verfassungstreuen Großgrundbesitzes ein damals bekannter Politiker in der Hochphase des Liberalismus in Österreich. Zudem nutzte er den Wirtschaftsaufschwung der Gründerzeit, um sich als Unternehmer zu betätigen.
Sein Sohn Karl Gustav erlangte dagegen keine größere Bekanntheit. Hier liegen die Schwerpunkte auf seinem Leben auf dem Schloss abseits der Öffentlichkeit und auf der Renovierung des großen Arkadenhofs der Schallaburg. Die finanziellen Probleme, die sich dabei einstellten, waren bereits ein Vorbote des wirtschaftlichen Abstiegs unter der letzten Generation auf dem Schloss, der schließlich zum Verlust der Besitzungen der Familie führte.