Abstract (deu)
Asexualität ist sowohl eine neue sexuelle Identität als auch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung,
mit vielen Bemühungen, sie zu lokalisieren und zu legitimieren. Die Wissenschaft ist nicht allein im
Bestreben, Asexualität zu beschreiben, da die Erforschung der Asexualität nicht nur von
Wissenschaftler*innen betrieben wird, sondern auch von Individuen, die asexuell sind - am
prominentesten ist hier die Organisation um AVEN (ein Internetforum, das die Bildung einer
Gemeinschaft um diese erst kürzlich entstandene sexuelle Identität ermöglicht hat). Personen, die als
asexuell identifizieren, können daher zum einen als „Objekte“ wissenschaftlichen Wissens bezeichnet
werden, während eine andere Perspektive die asexuelle Gemeinschaft nicht nur als Konsumenten,
sondern als (Mit-) Produzenten wissenschaftlicher Erkenntnisse zeigt.
Die meisten wissenschaftlichen Arbeiten über (Patienten-) Gruppen, die die Beziehungen zwischen
Wissenschaftler*innen und Nicht-Wissenschaftler*innen hinsichtlich der Erzeugung und Verbreitung von
Wissen untersuchen, befinden sich im (bio-) medizinischen Bereich (insbesondere Epsteins Arbeit zum
AIDS-Aktivismus und Callon & Rabeharisoas Studien zu AMF). Wenn man auf die Komplexität dieser Fälle
verzichtet, liegt eine einfache Logik hinter dem Engagement dieser Gruppen: Ursache finden, Heilung
finden. Im Fall der asexuellen Gemeinschaft, in der eine deutliche Entfernung von der Pathologie
beobachtet werden kann (siehe beispielsweise den Fall von HSDD im DSM), besteht nach wie vor eine
reiche Auseinandersetzung mit der akademischen Forschung durch Praktiken wie Forschungsbeteiligung,
Zensusbildung und Archivierung und Diskussion wissenschaftlicher Studien. Anhand von qualitativen
Interviews mit asexuellen Personen, wird in dieser Arbeit untersucht, wie und wann die Forschung über
Asexualität für Menschen relevant ist, die als asexuell identifizieren. Anhand des Konzepts ‚emergent
concerned groups‘ und ‚public understanding of science‘ als theoretischem Hintergrund wird untersucht,
wie Forschung, Forschungseffekte und Forschungsbeteiligung von den Interviewteilnehmer*innen
konzeptualisiert werden.
Betrachtet man die Beziehungen zwischen Forschung, Identität und Gemeinschaft, so findet sich, dass
Forschung in verschiedenen Zusammenhängen unterschiedliche Bedeutungen hat. Es wird sowohl als
Ressource als auch als Instrument gesehen, um mehr Bewusstsein für Asexualität und Anerkennung in
der Gesellschaft zu schaffen. Es wird auch gedacht, in der Lage zu sein, die Asexualität bekannter zu
machen. Die Teilnahme an der Forschung ist die einzige Praxis, von der gedacht wird, dass sie in diesem
Prozess der Veränderung eine Handlungskraft hat.