Abstract (deu)
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Diskursen über das Ende. Diese Diskurse werden in dieser Arbeit insofern für problematisch gehalten, als sie die für unser ethisch-politisches Leben bedeutsamen Selbstwidersprüchlichkeiten, Konsequenzen oder Annahmen überdecken;
einen Wahrheits- und Geltungsanspruch auf den heterogenen Räumen erheben. Die Arbeit untersucht dabei Möglichkeiten eines Zukunftsdenkens, das die Gegenwart nicht vom Ende her
betrachtet, sondern sich an eine offene Zukunft richtet, die „hier und jetzt“ die totalisierenden Ordnungen zu stören beginnt. Ausgehend von seiner immanenten Metaphysikkritik wird als die These der Arbeit dargestellt, dass Jacques Derridas Philosophie eine Grundlage für ein solches Denken bildet, das sich auf die Zukunft richtet. Im Zentrum der Arbeit steht Derridas Vortrag Von einem neuerdings erhobenen apokalyptischen Ton in der Philosophie, in dem er sich auf
die apokalyptischen Sprechweisen, die mit ihrer zitathaften Struktur als Selbst-Darstellung der Struktur der Sprache selbst zu betrachten sind. Auf der Hauptachse legt diese Arbeit dar, wie Derrida zwischen dieser Schriftlichkeit der Offenbarung des Johannes und dem Ereignisdenken
einen Bogen spannt. Dadurch fordert Derrida die metaphysische Leseart der Apokalypse heraus und führt zu einer „Apokalypse ohne Apokalypse“, die weniger mit einer apokalyptischen Vision eines Finales und mehr mit dem messianischen Ereignis zu tun hat. Dieses messianische Ereignis, das nur im Modus des vielleicht stattfindet, bricht mit der gewöhnlichen Ordnung der chronologischen Zeit bzw. führt die Unentscheidbarkeit der Anwesen- und Abwesenheit ein. Diese Störung und Unentscheidbarkeit – überhaupt die Zukunft – aushalten zu können, erweist sich als das Vermögen der Zukunftsphilosophen. Über die Schriftlichkeit hinaus ermöglichen die sprachphilosophischen Überlegungen Derridas dieser Arbeit die Bewegung der différance, den Antwortcharakter jedes Diskurses bzw. das Bezeugen-Müssen eines abwesenden Anderen
im eigenen Sprechen als Ansatzpunkte für Derridas Denken der Verantwortung im zweiten Kapitel hervorzuheben. Die Erfüllung dieser Verantwortung wird stets von dem immer ihr vorausliegenden, dennoch nicht identifizierbaren Ruf des Anderen und von der Erfahrung des
Unmöglichen heimgesucht. Die entscheidende Frage für diese Arbeit lautet, inwiefern Derrida in der biblischen Schrift eine Grundlage für eine Zukunftsorientierung entdeckt, der die etablierten Ordnungen stört und den herrschenden Vertrag aus der Fassung bringt. Im dritten Kapitel macht die Arbeit anhand der Figur des Gespenstes deutlich, dass die Frage der Zukunft weder ohne die eines solchen störenden Entwurfs (nicht als ein Programm, sondern als ein Versprechen), noch ohne die der Verantwortung in Bezug auf diejenigen, die nicht gegenwärtig
oder noch nicht da sind, die nicht (re-)präsentiert werden, gestellt werden darf.