Abstract (deu)
Religiosität und Spiritualität sind Themen, welche in den letzten Jahren im psychotherapeutischen Kontext, vermehrte Aufmerksamkeit erfahren. Da der Großteil dieser Arbeiten aus den USA stammt und deren Ergebnisse aufgrund von kulturellen Unterschieden nur bedingt auf andere Länder übertragbar ist, wird in dieser Studie anhand einer Stichprobe von österreichischen PsychotherapeutInnen exploriert, wie häufig religiöse/spirituelle Themen in der Therapie vorkommen und von welcher Art diese sind. Untersucht wird zudem, wie diese Thematik in der Therapie gehandhabt wird und wie dies mit unterschiedlichen Personenvariablen des Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin zusammenhängt.
In einer Online-Befragung, an der 452 österreichische PsychotherapeutInnen teilnahmen, wurden deren demographische Daten, formale Religionszugehörigkeit, Glaubenseinstellung, transpersonales Vertrauen, Wissenschaftsgläubigkeit und der Umgang mit religiösen/spirituellen Themen in der Therapie erhoben. Deskriptive, explorative und schließende statistische Methoden wurden zur Datenanalyse verwendet.
Insgesamt zeigt sich auch in Österreich eine hohe Relevanz von religiösen/spirituellen Themen. Konkret schätzen PsychotherapeutInnen, dass jeder/jede vierte KlientIn derartige Themen in die Therapie einbringt. In einer differenzierten Erhebung des Umgangs mit und der Bearbeitung von religiösen/spirituellen Themen, wurden drei Dimensionen identifiziert und zu Skalen zusammengefasst. Es zeigte sich ein Unterschied zwischen PsychotherapeutInnen mit unterschiedlicher Glaubenseinstellung in Bezug auf Bearbeitungsarten. Hochsignifikante Zusammenhänge von Bearbeitungsarten und transpersonalem Vertrauen sowie Wissenschaftsgläubigkeit wurden ebenfalls identifiziert.
Die Ergebnisse der Studie implizieren, dass die starke Heterogenität der therapeutischen Bearbeitung und die Abhängigkeit von der persönlichen Glaubenseinstellung weiterer Forschung bedürfen. Gegebenenfalls könnte eine neuerliche Evaluierung zur Einbeziehung religiöser/spiritueller Inhalte dazu beitragen, dass eine Berücksichtigung dieser Themen bereits in der psychotherapeutischen Ausbildung erfolgt.