Abstract (deu)
Vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Alkoholkonsum der Wiener Bevölkerung unter Einfluss der Industrialisierung im "langen" 19. Jahrhundert. Denn sowohl die Produktions- als auch die Konsumtionsseite haben sich aufgrund jener Entwicklungen erheblich gewandelt. So führten etwa die Veränderungen im Brauwesen zu einer qualitativen Aufwertung des Bieres und aufgrund der nunmehr möglichen günstigeren Massenproduktion zu einer Preisverschiebung gegenüber den anderen Alkoholika zugunsten des Bieres. Dadurch stieg das Bier in der ursprünglichen Weinstadt Wien zum Hauptgetränk der Bevölkerung auf. Im Zuge dieser Arbeit wird einerseits untersucht, welche Formen, Motive, Funktionen und Mentalitäten dem damaligen Alkoholkonsum zugrunde gelegen sind. So spielte Alkohol in Wien im 19. Jahrhundert insbesondere als durstlöschendes Getränk und Nahrungsmittel eine bedeutende Rolle. Andererseits wird geklärt, inwiefern die Art des alkoholischen Getränks, seine Verfügbarkeit, seine Erschwinglichkeit und die sozialen Zugehörigkeitsstrukturen Einfluss auf die Trinkgewohnheiten der Gesellschaft im 19. Jahrhundert hatten. Schließlich waren die trinkenden Menschen in ein Gesellschaftssystem eingebunden, welches ihnen je nach sozialer Zugehörigkeit "Regeln" für den Alkoholkonsum vorgegeben hat. Um Einblicke in die sozialen Normen, Werte und Mentalitäten hinsichtlich des Gebrauchs von Alkohol gewinnen zu können, werden die theoretischen Überlegungen durch eine Analyse von ausgewählten Selbstzeugnissen aus dem 19. Jahrhundert gestützt und um deren Ergebnisse ergänzt. Die Auswertung zeigt dabei, abhängig von Geschlecht, Schicht und Beruf, maßgebliche Unterschiede bezüglich der Trinkmenge, -häufigkeit, -motive, -funktionen und der Bewertung des Alkoholkonsums.