Die Rezeption der Wiener Moderne in Bulgarien bis 1944 (Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler)
Zusammenfassung
Für die vorliegende Arbeit ist die Frage in welcher Weise ein Werk der ausgewählten Autoren der Wiener Moderne sich an den Phasen der Modernisierung des gesellschaftlichen Subsystems ,bulgarische Literatur‘ beteiligt hat. Immerhin hält die Dissertation sich an die klare Formel des Kulturtransfers:
„ein dynamischer Prozess, der drei Komponente miteinander verbindet: die Ausgangskultur, die Vermittlungsinstanz und die Zielkultur. Zu hinterfragen sind die Objekte, Praktiken, Texte und Diskurse, die aus der jeweiligen Ausgangskultur übernommen werden. Den zweiten Bereich bildet die Untersuchung der Rolle und Funktion von Vermittlerfiguren und Vermittlungsinstanzen (Übersetzer, Verleger, Wissenschaftler, Universitäten, Medien, Verlage etc.), wobei eine Theorie interkultureller Vermittlungsinstanzen noch aussteht. Im Zusammenhang mit der Zielkultur stehen die Selektionsmodi ebenso wie die Formen der Aneignung und der produktiven Rezeption (Übersetzung, kulturelle Adaptionsformen, Formen der kreativen Rezeption, Nachahmung) im Mittelpunkt des Interesses“ (Mitterbauer 1999),
um die Frage beantworten zu können: „Hat die bulgarische Rezeption von Werken Bahrs, Hofmannsthals und Schnitzlers die Veränderungen des bulgarischen literarischen Erwartungshorizonts zur Zeit des Aufbaus der modernen bulgarischen Staatlichkeit herbeizuführen geholfen?“ Diese Frage ist ein Resultat aus der Untersuchung der bisherigen Forschung der Wechselbeziehungen zwischen Österreich und Bulgarien. In ihr wurde festgestellt, dass die allgemeine Meinung eine Irrelevanz der bulgarischen Moderne zu der Wiener Moderne auf dem Gebiet der Literatur vermutet.
Im Zusammenhang mit diesem theoretischen Model werden zuerst die soziokulturellen Kontexte der beiden Kulturen und die Vermittlerfiguren erörtert. Der Schwerpunkt liegt auf der Vermittlungsrolle von Teodor Trajanov, dessen frühe Lyrik, für welche der Geist und bestimmte Vorlagen der Wiener Moderne signifikant sind, eine wichtige Rolle in der Veränderung des allgemeinen Erwartungshorizontes der bulgarischen Literatur gespielt hat. Im Fokus steht gleichfalls die Rekonstruktion seines zur Aufführung auf der Bühne der Wiener Volksoper gebrachten Bühnenspiels „Der junge König“, dessen Szenarium als „verschollen“ galt, von mir in dem Wiener Zensurarchiv gefunden wurde und in der Dissertation zum ersten Mal veröffentlicht wird.
Weiters wird die Übersetzungs- und Theaterrezeption der Werke von Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler vorgestellt und in Verbindung zu dem sich modernisierenden literarischen Feld Bulgariens analysiert. Schlüsselbeispiel ist hier Hofmannsthals Tragödie „Elektra“. Ihre Übersetzung von Nikolaj Liliev wurde in den Meinungen seiner Zeitgenossen als eine „Kulturheldentat“ akzeptiert welche die Möglichkeiten der bulgarischen poetischen Sprache, Entsetzen und Erschütterung zu äußern, zum ersten Mal zeigte. Die Geo Milevs Bühneninterpretation von „Elektra“ 1923 gibt uns heute ein vielsagendes Beispiel wie ein symbolistisch gedachtes Stück auf avantgardistische Art und Weise inszeniert werden könnte und lenkt unser heutigen Blick damit zu dem latenten Expressionismus der Wiener Moderne. Der meist gelesene Autor der Wiener Moderne in Bulgarien bis 1944 bleibt Arthur Schnitzler. Er verdankt seine Popularität nicht nur dem sozialistischen Verlagswesen, sondern auch der Veränderung des Erwartungshorizontes der bulgarischen Leser nach dem Ersten Weltkrieg in dem Themen wie Tod, Nachkriegslust auf Leben und Verfall des patriarchalen Familienlebens Oberhand gewinnen. Zu dieser Zeit ist Hermann Bars Werk schon ein Chrestomathie Beispiel für die bulgarische Elite geworden.
Auf diese Art und Weise argumentiere ich in meiner Dissertation die Hypothese, dass die literarischen Transferpraktiken zwischen Wiener Moderne und Bulgarien an der Formierung der bulgarischen Moderne teilgenommen haben.
The Reception of the Viennese modernity in Bulgaria until 1944 (Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler)
Abstract
In this dissertation labor I keep track of the clear formula for cultural transfer:
„[…] a dynamical process that connects three components: origins culture, mediation instance and target culture. Different objects, practices and discussions, that are acknowledged by the original culture, are being taken into consideration. The second sphere examines the purpose and functions of the mediating figures and instances (translators, publishers, scientists, universities, media and so on). […] In connection to the target culture interesting are the selection possibilities, the assimilation and productive reception forms (translation, cultural adaptations, forms of creative reception, imitations)“ (Miterbauer 1999).
Based on the theoretical model the paper researches and describes the sociocultural contexts of the outgoing and receiving literature in the period including the most important literary topoi in them. Afterwards it defines and follows up the figures of the mediators and their practices.
The main purpose of the work is by revealing several lost to the modern memory cultural layers, to prove the hypothesis, that different transfer practices in the literal field between Bulgaria and the Viennese modernity played a crucial role in the formation of the Bulgarian modernity. The accent falls upon the mediating role of the poet Teodor Trajnov and his early poetical works, which modify the horizons of the expectations for the new modern Bulgarian poetry, and also to his debut on the stage of the Volksoper Wien.
Following are the analytical observations on the translator, theatrical and critical reception of Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal and Arthur Schnitzler. Different works from the three authors, who come from the origins culture, are being examined because of their consequent usage, translation or integration throughout the efforts for modernization of the Bulgarian culture.
Bahr’s works have been precepted in different ways, mirroring the ongoing change in his profile as an author of theater pieces, a critic, a defender of the decadent arts or as an interpreter of the expressionism. Hence, his figure has the status of a modern creator for the Bulgarian cultural elite.
The works of Hofmannsthal have the hardest times making their way, because of their complexity and the knowledge of the Bulgarian mediators about the hardness of these translations. In the middle of the description of his reception is the tragedy “Elektra”. The translation by Nikolay Liliev, has been acknowledged even from its coevals as a cultural exploit, that uncovers the abilities of the Bulgarian poetical language in order to express horror and shock. The stage interpretation of Geo Milev in 1923 gives an example to how a play, that has been foreseen as a symbolical piece of work, could be presented in an avant-garde way in order to point the contemporary gaze towards the latent expressionism of the Viennese modernity.
The most read author of the Viennese modernity in Bulgaria up to 1944 is Arthur Schnitzler. He owns his popularity not only to the socialist publishing houses, which are looking for a sensation in his texts. Furthermore, the shift of the horizon of the Bulgarian readers after the end of WW1, in which topics like death, lust, erotic and the downfall of the patriarchal family are included.
The observed and analyzed transferal practices and the originated from them reception of the literal works of Bahr, Hofmannsthal and Schnitzler in Bulgaria, put arguments in defense of the thesis, that the Viennese modernity has helped structure the Bulgarian modernity.
Die Rezeption der Wiener Moderne in Bulgarien bis 1944 (Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler)
Zusammenfassung
Für die vorliegende Arbeit ist die Frage in welcher Weise ein Werk der ausgewählten Autoren der Wiener Moderne sich an den Phasen der Modernisierung des gesellschaftlichen Subsystems ,bulgarische Literatur‘ beteiligt hat. Immerhin hält die Dissertation sich an die klare Formel des Kulturtransfers:
„ein dynamischer Prozess, der drei Komponente miteinander verbindet: die Ausgangskultur, die Vermittlungsinstanz und die Zielkultur. Zu hinterfragen sind die Objekte, Praktiken, Texte und Diskurse, die aus der jeweiligen Ausgangskultur übernommen werden. Den zweiten Bereich bildet die Untersuchung der Rolle und Funktion von Vermittlerfiguren und Vermittlungsinstanzen (Übersetzer, Verleger, Wissenschaftler, Universitäten, Medien, Verlage etc.), wobei eine Theorie interkultureller Vermittlungsinstanzen noch aussteht. Im Zusammenhang mit der Zielkultur stehen die Selektionsmodi ebenso wie die Formen der Aneignung und der produktiven Rezeption (Übersetzung, kulturelle Adaptionsformen, Formen der kreativen Rezeption, Nachahmung) im Mittelpunkt des Interesses“ (Mitterbauer 1999),
um die Frage beantworten zu können: „Hat die bulgarische Rezeption von Werken Bahrs, Hofmannsthals und Schnitzlers die Veränderungen des bulgarischen literarischen Erwartungshorizonts zur Zeit des Aufbaus der modernen bulgarischen Staatlichkeit herbeizuführen geholfen?“ Diese Frage ist ein Resultat aus der Untersuchung der bisherigen Forschung der Wechselbeziehungen zwischen Österreich und Bulgarien. In ihr wurde festgestellt, dass die allgemeine Meinung eine Irrelevanz der bulgarischen Moderne zu der Wiener Moderne auf dem Gebiet der Literatur vermutet.
Im Zusammenhang mit diesem theoretischen Model werden zuerst die soziokulturellen Kontexte der beiden Kulturen und die Vermittlerfiguren erörtert. Der Schwerpunkt liegt auf der Vermittlungsrolle von Teodor Trajanov, dessen frühe Lyrik, für welche der Geist und bestimmte Vorlagen der Wiener Moderne signifikant sind, eine wichtige Rolle in der Veränderung des allgemeinen Erwartungshorizontes der bulgarischen Literatur gespielt hat. Im Fokus steht gleichfalls die Rekonstruktion seines zur Aufführung auf der Bühne der Wiener Volksoper gebrachten Bühnenspiels „Der junge König“, dessen Szenarium als „verschollen“ galt, von mir in dem Wiener Zensurarchiv gefunden wurde und in der Dissertation zum ersten Mal veröffentlicht wird.
Weiters wird die Übersetzungs- und Theaterrezeption der Werke von Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler vorgestellt und in Verbindung zu dem sich modernisierenden literarischen Feld Bulgariens analysiert. Schlüsselbeispiel ist hier Hofmannsthals Tragödie „Elektra“. Ihre Übersetzung von Nikolaj Liliev wurde in den Meinungen seiner Zeitgenossen als eine „Kulturheldentat“ akzeptiert welche die Möglichkeiten der bulgarischen poetischen Sprache, Entsetzen und Erschütterung zu äußern, zum ersten Mal zeigte. Die Geo Milevs Bühneninterpretation von „Elektra“ 1923 gibt uns heute ein vielsagendes Beispiel wie ein symbolistisch gedachtes Stück auf avantgardistische Art und Weise inszeniert werden könnte und lenkt unser heutigen Blick damit zu dem latenten Expressionismus der Wiener Moderne. Der meist gelesene Autor der Wiener Moderne in Bulgarien bis 1944 bleibt Arthur Schnitzler. Er verdankt seine Popularität nicht nur dem sozialistischen Verlagswesen, sondern auch der Veränderung des Erwartungshorizontes der bulgarischen Leser nach dem Ersten Weltkrieg in dem Themen wie Tod, Nachkriegslust auf Leben und Verfall des patriarchalen Familienlebens Oberhand gewinnen. Zu dieser Zeit ist Hermann Bars Werk schon ein Chrestomathie Beispiel für die bulgarische Elite geworden.
Auf diese Art und Weise argumentiere ich in meiner Dissertation die Hypothese, dass die literarischen Transferpraktiken zwischen Wiener Moderne und Bulgarien an der Formierung der bulgarischen Moderne teilgenommen haben.
The Reception of the Viennese modernity in Bulgaria until 1944 (Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler)
Abstract
In this dissertation labor I keep track of the clear formula for cultural transfer:
„[…] a dynamical process that connects three components: origins culture, mediation instance and target culture. Different objects, practices and discussions, that are acknowledged by the original culture, are being taken into consideration. The second sphere examines the purpose and functions of the mediating figures and instances (translators, publishers, scientists, universities, media and so on). […] In connection to the target culture interesting are the selection possibilities, the assimilation and productive reception forms (translation, cultural adaptations, forms of creative reception, imitations)“ (Miterbauer 1999).
Based on the theoretical model the paper researches and describes the sociocultural contexts of the outgoing and receiving literature in the period including the most important literary topoi in them. Afterwards it defines and follows up the figures of the mediators and their practices.
The main purpose of the work is by revealing several lost to the modern memory cultural layers, to prove the hypothesis, that different transfer practices in the literal field between Bulgaria and the Viennese modernity played a crucial role in the formation of the Bulgarian modernity. The accent falls upon the mediating role of the poet Teodor Trajnov and his early poetical works, which modify the horizons of the expectations for the new modern Bulgarian poetry, and also to his debut on the stage of the Volksoper Wien.
Following are the analytical observations on the translator, theatrical and critical reception of Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal and Arthur Schnitzler. Different works from the three authors, who come from the origins culture, are being examined because of their consequent usage, translation or integration throughout the efforts for modernization of the Bulgarian culture.
Bahr’s works have been precepted in different ways, mirroring the ongoing change in his profile as an author of theater pieces, a critic, a defender of the decadent arts or as an interpreter of the expressionism. Hence, his figure has the status of a modern creator for the Bulgarian cultural elite.
The works of Hofmannsthal have the hardest times making their way, because of their complexity and the knowledge of the Bulgarian mediators about the hardness of these translations. In the middle of the description of his reception is the tragedy “Elektra”. The translation by Nikolay Liliev, has been acknowledged even from its coevals as a cultural exploit, that uncovers the abilities of the Bulgarian poetical language in order to express horror and shock. The stage interpretation of Geo Milev in 1923 gives an example to how a play, that has been foreseen as a symbolical piece of work, could be presented in an avant-garde way in order to point the contemporary gaze towards the latent expressionism of the Viennese modernity.
The most read author of the Viennese modernity in Bulgaria up to 1944 is Arthur Schnitzler. He owns his popularity not only to the socialist publishing houses, which are looking for a sensation in his texts. Furthermore, the shift of the horizon of the Bulgarian readers after the end of WW1, in which topics like death, lust, erotic and the downfall of the patriarchal family are included.
The observed and analyzed transferal practices and the originated from them reception of the literal works of Bahr, Hofmannsthal and Schnitzler in Bulgaria, put arguments in defense of the thesis, that the Viennese modernity has helped structure the Bulgarian modernity.