Title (deu)
Aktenzeichen KL 14 f8-9
die Tatortskizzen der "unnatürlichen Todesfälle" sowjetischer Kriegsgefangener im KZ-Komplex Mauthausen-Gusen
Author
Mathias Schneider
Advisor
Bertrand Perz
Assessor
Bertrand Perz
Abstract (deu)
Während des Bestehens des KZ-Komplex Mauthausen-Gusen kamen über 1.000 Gefangene auf „unnatürliche“ Weise ums Leben. Dies waren Fälle von „Erschießungen auf der Flucht“, „Freitode“, aber auch Unfälle und andere nicht vorhergesehen eintretende Tode. In diesem Konzentrationslager-System, welches von alltäglicher Gewalt und tausendfachen Todesopfern bestimmt war, unterschied die Lager-SS bei dem Verzeichnis von Sterbefällen zwischen „unnatürlichen“ und „natürlichen“ Toten. Waren „natürliche“ Todesfälle mit der Registrierung für das KZ-System abgeschlossen, zogen „unnatürliche Todesfälle“ eine Reihe von lagerinternen Untersuchungen nach sich. So mussten die bei angeblichen „Fluchterschießungen“ als Schützen beteiligten Wachmänner befragt, die Lagerärzte den Toten gerichtsmedizinisch untersuchen und einen Totenschein ausstellen, der Erkennungsdienst fotografische Aufnahmen des Tatorts als auch Tatortskizzen anfertigen lassen und der SS-Gerichtsherr des KZ Mauthausens einen Abschlussbericht an das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (WVHA) schicken. Von diesen Tatortskizzen, welche von ausgewählten Häftlingen angefer-tigt wurden, können lediglich noch jene 90 näher untersucht werden, die die „unnatürlichen Todesfälle“ sowjetischer Kriegsgefangener illustrieren und letzt-lich legitimieren sollten. Diese befinden sich mit einer Vielzahl von Untersuchungsdokumenten und der Korrespondenz zwischen den einzelnen Stellen im Lager-System im Original im Militärhistorischen Archiv der Tschechischen Republik in Prag und bieten somit einen tiefen Einblick in den Umgang mit „unnatürlichen Todesfällen“ sowjetischer Kriegsgefangener. Bei den Tatortskizzen zu angeblichen Selbstmorden findet sich stets das Opfer im Mittelpunkt, wohingegen bei angeblichen „Erschießungen auf der Flucht“ sowohl die Umgebung als auch der Fluchtweg und der Todesort des Opfers von Bedeutung ist. Letzterer wurde in allen Fällen hinter der Postenkette und meistens nahe eines Waldstückes verortet, um die tödlichen Schüsse des Wachpersonals als ausweglose Situation bildlich festzuhalten. Die Tatortskizzen hatten ähnlich wie die anderen Untersuchungsschritte als Ziel keinen Verdacht aufkommen zu lassen, dass es sich bei dem „unnatürlichen Todesfall“ um einen Mord handelt. Und so verwundert es auch nicht, dass während des Faschismus kein einziger Fall eines „unnatürlichen Todes“ Konsequenzen für die Todesschützen hatte, obwohl etliche Personen, die daran beteiligt waren, sowohl Täter als auch Opfer, nach dem Zweiten Weltkrieg vor Gericht bezeugten, dass viele die-ser „unnatürlichen Todesfälle“ Morde waren. Erstmals in den Dachauer Mauthausenprozessen mussten sich jedoch einige der Täter für ihr Handeln verantworten, auch eine Handvoll der Todesschützen, die im Zusammenhang mit den sowjetischen Kriegsgefangenen standen. Als belastendes Beweismaterial wurden die Verzeichnisse der Toten aus dem KZ Mauthausen herangezogen, da hier bei den Häftlingen, die „auf der Flucht erschossen“ wurden, zusätzlich noch der Name des Todesschützen eingetragen wurde.
Keywords (deu)
TatortskizzeKonzentrationslagerKZMauthausenGusenLager-SSsowjetische KriegsgefangeneGewaltSelbstmordFreitodFluchtFluchterschießungFaschismusNationalsozialismus
Subject (deu)
Type (deu)
Extent (deu)
115 Seiten : Illustrationen, Diagramme, Karten
Number of pages
115
Study plan
Lehramtsstudium UF Geschichte, Sozialkunde, Polit.Bildg. UF Geographie und Wirtschaftskunde
[UA]
[190]
[313]
[456]
Members (1)
Title (deu)
Aktenzeichen KL 14 f8-9
die Tatortskizzen der "unnatürlichen Todesfälle" sowjetischer Kriegsgefangener im KZ-Komplex Mauthausen-Gusen
Author
Mathias Schneider
Abstract (deu)
Während des Bestehens des KZ-Komplex Mauthausen-Gusen kamen über 1.000 Gefangene auf „unnatürliche“ Weise ums Leben. Dies waren Fälle von „Erschießungen auf der Flucht“, „Freitode“, aber auch Unfälle und andere nicht vorhergesehen eintretende Tode. In diesem Konzentrationslager-System, welches von alltäglicher Gewalt und tausendfachen Todesopfern bestimmt war, unterschied die Lager-SS bei dem Verzeichnis von Sterbefällen zwischen „unnatürlichen“ und „natürlichen“ Toten. Waren „natürliche“ Todesfälle mit der Registrierung für das KZ-System abgeschlossen, zogen „unnatürliche Todesfälle“ eine Reihe von lagerinternen Untersuchungen nach sich. So mussten die bei angeblichen „Fluchterschießungen“ als Schützen beteiligten Wachmänner befragt, die Lagerärzte den Toten gerichtsmedizinisch untersuchen und einen Totenschein ausstellen, der Erkennungsdienst fotografische Aufnahmen des Tatorts als auch Tatortskizzen anfertigen lassen und der SS-Gerichtsherr des KZ Mauthausens einen Abschlussbericht an das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (WVHA) schicken. Von diesen Tatortskizzen, welche von ausgewählten Häftlingen angefer-tigt wurden, können lediglich noch jene 90 näher untersucht werden, die die „unnatürlichen Todesfälle“ sowjetischer Kriegsgefangener illustrieren und letzt-lich legitimieren sollten. Diese befinden sich mit einer Vielzahl von Untersuchungsdokumenten und der Korrespondenz zwischen den einzelnen Stellen im Lager-System im Original im Militärhistorischen Archiv der Tschechischen Republik in Prag und bieten somit einen tiefen Einblick in den Umgang mit „unnatürlichen Todesfällen“ sowjetischer Kriegsgefangener. Bei den Tatortskizzen zu angeblichen Selbstmorden findet sich stets das Opfer im Mittelpunkt, wohingegen bei angeblichen „Erschießungen auf der Flucht“ sowohl die Umgebung als auch der Fluchtweg und der Todesort des Opfers von Bedeutung ist. Letzterer wurde in allen Fällen hinter der Postenkette und meistens nahe eines Waldstückes verortet, um die tödlichen Schüsse des Wachpersonals als ausweglose Situation bildlich festzuhalten. Die Tatortskizzen hatten ähnlich wie die anderen Untersuchungsschritte als Ziel keinen Verdacht aufkommen zu lassen, dass es sich bei dem „unnatürlichen Todesfall“ um einen Mord handelt. Und so verwundert es auch nicht, dass während des Faschismus kein einziger Fall eines „unnatürlichen Todes“ Konsequenzen für die Todesschützen hatte, obwohl etliche Personen, die daran beteiligt waren, sowohl Täter als auch Opfer, nach dem Zweiten Weltkrieg vor Gericht bezeugten, dass viele die-ser „unnatürlichen Todesfälle“ Morde waren. Erstmals in den Dachauer Mauthausenprozessen mussten sich jedoch einige der Täter für ihr Handeln verantworten, auch eine Handvoll der Todesschützen, die im Zusammenhang mit den sowjetischen Kriegsgefangenen standen. Als belastendes Beweismaterial wurden die Verzeichnisse der Toten aus dem KZ Mauthausen herangezogen, da hier bei den Häftlingen, die „auf der Flucht erschossen“ wurden, zusätzlich noch der Name des Todesschützen eingetragen wurde.
Keywords (deu)
TatortskizzeKonzentrationslagerKZMauthausenGusenLager-SSsowjetische KriegsgefangeneGewaltSelbstmordFreitodFluchtFluchterschießungFaschismusNationalsozialismus
Subject (deu)
Type (deu)
Number of pages
115