Abstract (deu)
Die Aneignung von Wissen erfolgt auch im Fachunterricht primär durch das Medium der Sprache, sodass unzureichende sprachliche Kompetenzen ein wesentliches Hindernis für erfolgreiche Lehr- und Lernprozesse darstellen. Deshalb ist ein sprachsensibler Biologieunterricht gefordert, welcher neben der Vermittlung fachlicher Inhalte auch die (bildungs-)sprachliche Entwicklung der Lernenden als bedeutendes Bildungsziel anerkennt. Im Kontext des Forschenden Lernens wird der Textsorte Versuchsprotokoll dabei das Potential zugesprochen, nicht nur den Prozess der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung, sondern auch den Übergang von der Alltags- zur Bildungssprache zu unterstützen. Die vorliegende Arbeit beabsichtigt dabei, die bildungssprachlichen Herausforderungen zu identifizieren, mit welchen sich die SchülerInnen beim Verfassen von Versuchsprotokollen konfrontiert sehen. Zu diesem Zweck wurden 48 Versuchsprotokolle, die von SchülerInnen der zehnten Schulstufe zweier Wiener Gymnasien stammen und aus experimentellen Bedingungen hervorgegangen sind, mithilfe eines Analyseinstruments (Müllner/Möller angenommen) in Hinblick auf ihre sprachliche und fachliche Qualität untersucht. Dabei wurden die einzelnen Protokollteile auf lexikalisch-semantischer, syntaktischer und textueller Ebene analysiert und die gewonnenen quantitativen Daten anschließend durch eine qualitative Diagnose von exemplarischen Textauszügen ergänzt. Es zeigt sich, dass auf jeder der genannten linguistischen Ebenen mit Schwierigkeiten zu rechnen ist, wobei Zusammenhänge zwischen den bildungssprachlichen Kompetenzen und den Teilkompetenzen der Erkenntnisgewinnung eruiert werden konnten. Des Weiteren lässt sich aus den Untersuchungsergebnissen schließen, dass Lernende mit Deutsch als Zweitsprache in verstärktem Maße an das Register Bildungssprache heranzuführen sowie mit dem unpersönlichen Stil des Versuchsprotokolls vertraut zu machen sind. Auf Basis dieser Ergebnisse wurden erste Überlegungen für eine sprachsensible Didaktik des Versuchsprotokolls und dazu geeigneter Unterstützungsangebote (scaffolds) präsentiert. Wesentlich erscheint, die Textbausteine und die sprachlich-formalen Charakteristika des Versuchsprotokolls sowohl funktional als auch offensiv zu vermitteln, um das Textmusterwissen der Lernenden zu fördern.