Abstract (deu)
Diese Masterarbeit untersucht die Rolle von Gerichtsdolmetscherinnen am Wiener Landesgericht für Strafsachen in jenen Hauptverhandlungen, in denen englische und russische Angeklagte oder Zeugen die Verdolmetschung dieser Sprachen benötigten. Es soll gezeigt werden, dass die Leistung einer erfolgreichen Dolmetschung im Sinne eines funktionalen Ansatzes verschiedene Koordinierungsmanöver erfordert, die über die implizite Koordination eines geordneten Sprecherwechsels zwischen Justizpersonal und anderen Verfahrensbeteiligten hinausgehen. Die Masterarbeit zeigt, dass die angewandten Strategien sich unterscheiden, je nachdem, welcher Verfahrensabschnitt durchlaufen wird. Die Analyse der verschiedenen Arten der Koordinierung macht deutlich, dass die Vorstellung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern als rein "technische" Hilfe nicht tragfähig ist, ihre Rolle umfasst ein viel breiteres Feld.
Die Masterarbeit bezieht sich auf den funktionalen Ansatz der Skopos-Theorie als wesentlich für eine erfolgreiche Kommunikation. Dementsprechend ist das Dolmetschen auf ein Ziel ausgerichtet und an einen Zweck gebunden. Darauf folgt eine Beschreibung der konkret angewandten Strategie, basierend auf der von Cecilia Wadensjö entwickelten Theorie, die sie in ihrer grundlegenden Arbeit Interpreting as Interaction (1998) vorstellt, und in der sie argumentiert, dass die Arbeit der Dolmetscher in erster Linie interaktiv ist. Dies liegt an den besonderen Gegebenheiten des Dialogdolmetschens und dem damit verbundenen Sprecherwechsel, der wiederum Koordinationsaspekte auf Seiten der DolmetscherInnen erfordert. Im Anschluss daran erfolgt eine qualitative Analyse der aufgezeichneten Hauptverhandlungen, in der alle verschiedenen von den Dolmetschern eingesetzten Manöver kategorisiert und ausgewertet werden, gefolgt von einem Kapitel mit quantitativer Betrachtung, um so Aussagen über die Häufigkeit und den generellen Einsatz verschiedener Koordinierungsarten zu treffen.