Abstract (deu)
Diese Masterarbeit untersucht ein grundlegendes, aber wenig erforschtes filmisches Phänomen - Empathie mit Filmfiguren. Basierend auf einem pluralistischen Ansatz, greift die Arbeit verschiedene Erkenntnisse auf, sowohl solche der Filmtheorie und -psychologie als auch der empirischen Forschung in der kognitiven Psychologie und den Neurowissenschaften. Der theoretische Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Problematik der Begriffsdefinition von Empathie, beleuchtet die damit verbundene Uneindeutigkeit in der Terminologie, diskutiert die Rolle von identification und empathy bias und gibt einen Überblick über Auslöser von empathischen Reaktionen des Betrachters auf Emotionen von Filmfiguren.
Der praktische Teil der Studie enthält Beispiele für Strategien, Empathie hervorzurufen, am Beispiel der Hulu-Serie The Handmaid's Tale (Der Report der Magd). Die Analyse basiert größtenteils auf der persönlichen Interpretation der wiederkehrenden und dominanten Empathie-Auslöser in der Serie und wird durch theoretisches Material und Zuseher-Feedback aus verschiedenen Medien unterstützt.
Die Analyse legt nahe, dass die TV-Version der Atwood-Dystopie die emotionale Reise des Betrachters durch eine Vielzahl von gleichzeitigen Empathie-Auslösern prägt, welche eine häufige und intensive empathische Erfahrung hervorrufen. Hier ist insbesonders einer Reihe negativer Emotionen hervorzuheben, wie z.B. Angst, Bedrängnis, Spannung und Frustration, die als Reaktion auf die Beobachtung affektiver Zustände der Protagonistin Offred/June auftreten. Da ihr Leiden die Handlung der Serie dominiert, ist dies auch die Basis für die Erfahrung des Betrachters. Dies materialisiert sich hauptsächlich durch die Behinderung von Zielen und Wünschen der Protagonistin, die die Zuschauer teilen, und wird durch die hervorstechende Darstellung der seelischen und körperlichen Schmerzen greifbar. Auch die narrative Perspektive und der Zugang zum Innenleben der Protagonistin erlauben dem Publikum ihre Emotionen zu erfassen und widerzuspiegeln. Deshalb ist die Spannung des Publikums nicht das Ergebnis des Mitgefühls, sondern des kongruenten Gefühlszustandes.
Insgesamt bietet diese Arbeit eine mögliche Vorlage für die Analyse von Empathie im Film- und Fernseh-Storytelling und eine Erklärung der Mechanismen, die hinter der empathischen Erfahrung des Betrachters stehen. Auf diese Weise trägt diese Forschung zur allgemeinen Medienkompetenz bei und startet gleichzeitig eine Diskussion über The Handmaid's Tale, die als relativ neue Serie in akademischen Studien bisher noch nicht viel Beachtung gefunden hat.