Abstract (deu)
Barbaren waren keinesfalls eine Bedrohung, mit der sich ausschließlich das römische Reich konfrontiert sah. Auch die chinesische Han-Dynastie war gezwungen ihre nördlichen Grenzen vor Einfällen barbarischer gentes zu verteidigen. Analog dazu blieb das Schreiben über Barbaren nicht der lateinisch-griechischen Historiographie vorbehalten, sondern sie nahmen auch Rollen in der chinesischen Geschichtsschreibung ein. Hier anknüpfend vergleicht die vorliegende Arbeit die historiographische Darstellung der Barbaren sowie jene der Barbarenpolitik des chinesischen bzw. des römischen Reiches. Für diesen Vergleich werden die Res Gestae des Ammianus Marcellinus und das Hou Hanshu des Fan Ye herangezogen. Um diese beiden in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlichen historiographischen Berichte nachvollziehbar vergleichen zu können, wurde zunächst der römische bzw. chinesische Barbarenbegriff näher definiert. Der hierauffolgende Vergleich der Darstellung der Barbaren in beiden Quellen wurde anhand von vier klar definierten Kategorien vorgenommen: Konflikt, Kooperation, Diplomatie, Integration. Es zeigte sich, dass beide Historiographen fremde Personengruppen in ähnlicher Art und Weise in ihr Geschichtsbild einfügten: Aus den barbarischen Gegnern wurden Mitstreiter, die gegen andere äußere Feinde eingesetzt werden konnten. Diesen Verbündeten wurde es schließlich ermöglicht sich nach ihrer Unterwerfung gegenüber dem jeweiligen Reich in diesem anzusiedeln und ihre Lebensweise ihrer neuen Heimat anzupassen. Als das weströmische Reich und das Kaiserreich der Han desintegrierten und die Integrierten zu Herrschern wurden, veränderte sich auch deren Bild in der Historiographie. Die nachfolgenden Geschichtsschreiber führten ihre Feder in barbarischen Reichen, dementsprechend wurde aus den vormals geduldeten Nebendarstellern die neuen Hauptdarsteller ihrer Werke. Damit war die Integration er Barbaren in die lateinische und chinesische Historiographie des Frühmittelalters abgeschlossen.