Abstract (deu)
Das Berufsfeld des Journalismus befindet sich in einem Strukturwandel. Während Redaktionen aufgrund von Ressourcenmangel systematisch schrumpfen, gewinnt das Modell der journalistischen Freiberuflichkeit zunehmend an Bedeutung. In der Journalismusforschung wurden freie JournalistInnen in Österreich jedoch bisher meist nur als eine Randgruppe betrachtet, deren Berufslage im Branchendiskurs häufig mit Prekarität in Verbindung gebracht wird. Diese Masterarbeit knüpft daher an der Schnittstelle der Entgrenzung von Arbeit und Journalismus an, um berufliche Entgrenzung im Journalismus unter freien JournalistInnen in Österreich zu untersuchen. Es wird argumentiert, dass berufliche Entgrenzungserfahrungen in der freiberuflichen Situation im Journalismus in einem spezifischen Verhältnis zur Prekarisierung der Erwerbslage, Digitalisierung von journalistischer Arbeit und beruflichen Deprofessionalisierungstendenzen stehen. Zur empirischen Untersuchung wurden elf Tiefeninterviews mit österreichischen freiberuflichen JournalistInnen durchgeführt. Anhand der Ergebnisse konnten idealtypische Grenzgegensätze identifiziert werden, innerhalb denen berufliche Entgrenzung im Journalismus erfahren wird: Freiheit und Sicherheit, Konkurrenz und Solidarität, Generalistentum und Spezialisierung, Redaktion und Auftrag sowie Profession und Vermarktung. Es wurde ersichtlich, dass die Berufslage freier JournalistInnen eng mit der Prekarität im journalistischen Feld verwoben ist und sich daher nicht ausschließlich auf ein berufsgruppenbezogenes Phänomen reduzieren lässt. Die digitale Erwerbssphäre im Journalismus begünstigt durch journalistische Arbeits-, Vermarktungs- und Vernetzungsprozesse das Verschwimmen von strukturbildenden Grenzen. Als Entgegnung auf den potenziellen Professionsdruck deuten die Ergebnisse ebenso auf eine „Entdeprofessionalisierung“ des journalistischen Berufsethos. Freie JournalistInnen entwickeln daher mit ihrer beruflichen Identität jeweils einen spezifischen Entgrenzungsmodus, um über alle Entgrenzungserfahrungen hinweg die freiberufliche Situation im Journalismus zu begründen.