Abstract
Diese Arbeit behandelt den kognitiven Aspekt des Simultandolmetschens. In ihrem Kern wird das Modell eines kognitiven Mechanismus vorgeschlagen, welcher die Teilung von Aufmerksamkeit zwischen dem Hören und dem Sprechen beim Simultandolmetschen unterstützt. Thoerien und Modelle zu wesentlichen Aspekten der menschlichen Kognition (z.B. Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Effort und Informationsverarbeitungskapazität), sowie kognitive Prozessmodelle des Simultandolmetschens werden analysiert, um das hypothetische Modell zu erklären und seinen Großteil auf bisherige Forschungsergebnisse der Kognitionswissenschaft und der Dolmetschwissenschaft zu stützen. Eine bestimmte kognitive Struktur, die erstmalig im Rahmen dieses Modells postuliert wird, ist der autonome Artikulationsbuffer, der eine aufmerksamkeitslose Artikulation von zuvor enkodiertem Text ermöglicht. Diese kognitive Struktur wird durch die Ergebnisse eines Experimentes nachgewiesen, welches eigens zu diesem Zweck entworfen wurde. Die Ergebnisse untermauern nicht nur das vorgeschlagene Modell, sondern zeigen darüber hinaus, dass der autonome Artikulationsbuffer sowohl bei Personen mit Trainingserfahrung im Simultandolmetschen, als auch bei Personen ohne solche Erfahrung wirksam ist, und legen den Schluss nahe, dass er eine allgemein vorhandene Struktur in der menschlichen Kognition darstellt.