Abstract (deu)
Hintergrund. Multiple Sklerose (MS) ist eine unheilbare, progressive Autoimmunerkrankung, die durch Entzündungen im Zentralnervensystem gekennzeichnet ist. MS ist die am häufigsten auftretende neurologische Erkrankung im jungen Erwachsenenalter. Personen mit MS berichten eine niedrigere gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQoL) als die gesunde Bevölkerung oder Personen mit anderen chronischen Krankheiten. Die Praxis der MS-Lebensqualitätsforschung ist gekennzeichnet durch eine überproportionale Verwendung von generischen Verfahren trotz des Vorliegens etlicher MS-spezifischer Fragebögen. Methodik. Um die Lebensqualität bei MS-Patient*innen mit verschiedenen Faktoren in Zusammenhang zu bringen und den Vergleich eines generischen mit einem MS-spezifischen Fragebogen zur Erhebung der HRQoL bei MS zu ermöglichen, wurde der Stichprobe (N=367) eine Online-Fragebogenbatterie vorgelegt. Diese bestand aus soziodemografischem Fragebogen, Short-Form-36 Health Survey (SF-36), Multiple Sclerosis Impact Scale-29 (MSIS-29), Coping Inventory for Stressful Situations (CISS) und Fragebogen zur Sozialen Unterstützung (F-SozU K-14). Die diagnostische Güte von SF-36 und MSIS-29 wurde mit Hilfe von Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurven bestimmt, wobei der Schweregrad in Form der Werte der Expanded Disability Status Scale (EDSS) als objektives Außenkriterium verwendet wurde. Die relativen Validitäten der beiden Verfahren wurden ebenfalls verglichen. Ergebnisse. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität von MS-Patient*innen ist signifikant niedriger als die der Kontrollgruppe. Die Stichprobe gibt an, signifikant häufiger emotions- und aufgabenorientierte Bewältigungsmechanismen und deutlich seltener vermeidungsorientierte Copingstrategien als die Normpopulation einzusetzen. Sieben Variablen (EDSS, in Ausbildung, Alter, Langzeitkrankenstand, Rente, soziale Unterstützung und emotionsorientiertes Coping) konnten die HRQoL signifikant vorhersagen. Die Fläche unter der ROC-Kurve (AUC) war für die physischen Summenskalen von SF-36 und MSIS-29 jeweils gleich groß. Die psychischen Summenskalen der beiden Tests wiesen eine kleinere Fläche auf, wobei die Fläche der psychischen Summenskala der MSIS-29 die der SF-36 überstieg. Gleichermaßen waren die relativen Validitäten für physische und psychische Skalen der MSIS-29 besser als die der SF-36. Schlussfolgerungen. Mehrere Faktoren, vor allem emotionsorientiertes Coping, wirken sich auf die HRQoL bei MS aus. Aufgrund der besseren Differenzierungsfähigkeit und der guten psychometrischen Qualitäten der MSIS-29 ist diese der SF-36 bei der Erfassung der HRQoL bei MS vorzuziehen.