Abstract (deu)
Einleitung: Gesundheit bezeichnet einen zentralen Wert in unserer gegenwärtigen reflexiven modernen Gesellschaft und in diesem Kontext ist das soziale Phänomen Vertrauen essenziell für effektive Gesundheitsbeziehungen und die effektive Funktionsfähigkeit der institutionalisierten Gesundheitsversorgung, wie auch für die Gesellschaft allgemein. Ziel dieser Arbeit ist es, insbesondere die Relevanz von Vertrauen und anderer individueller Einflussfaktoren in der subjektiven Einschätzung des österreichischen Gesundheitssystems zu untersuchen. Als theoretischer Hintergrund werden institutionelle und systemfunktionalistische Perspektiven, der Sozialkapitalansatz und vordergründig die Theorie der Strukturation herangezogen.
Methode: Basierend auf der Datengrundlage des European Social Survey 2018 (ESS9) für Österreich wurde eine quantitative Sekundärdatenanalyse unter Anwendung der multiplen linearen Regression durchgeführt, um den Zusammenhang der berücksichtigten Einflussfaktoren und der Zustandsbewertung des österreichischen Gesundheitssystems zu bestimmen.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass vornehmlich das Vertrauen in repräsentative und regulative Institutionen, die Zufriedenheit mit Institutionen und das interpersonale Vertrauen signifikant positiv mit der Einschätzung des Zustandes des österreichischen Gesundheitssystems assoziiert sind. Individuelle Charakteristika wie Bildungsstand, urbanes Wohnumfeld und Wohlbefinden zeigen einen moderaten Einfluss.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse legen nahe, dass Übertragungseffekte des Vertrauens mit subjektiven Bewertungen in Verbindung stehen und das primär eine Entwicklung des Gesundheitssystems als soziale Institution Vertrauen fördert. Dies erfordert eine Fokussierung auf die institutionellen Leitideen (Gerechtigkeit, Transparenz, Inklusion) sowie die Förderung der institutionellen Leistungsfähigkeit. Der zentrale Ansatzpunkt für ein vertrauensbasiertes Gesundheitssystem ist im Kern das Management vielfältiger Gesundheitsbeziehungs-verhältnisse. Dies beinhaltet eine Individualisierung der Gesundheitsversorgung durch gemeinsame Entscheidungsfindung und Fallmanagement sowie die Standardisierung durch settingspezifische organisationale Entwicklung, evidenzbasierte Praktiken, Transparenzsysteme wie Qualitätsberichterstattungen und die Messung und Berücksichtigung von Vertrauen als Qualitätsparameter. Aus einer Makroperspektive sind soziopolitische Interventionen auf wohlfahrtsstaatlicher Ebene erforderlich, um einen fairen und gleichen Zugang zur institutionalisierten Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, gesundheitliche Ungleichheit zu reduzieren und dadurch zu einem erweiterten gesellschaftlichen Wert beizutragen.