Abstract (deu)
Gegenstand der Arbeit ist die Handlungspraxis von selbstständig erwerbstätigen Frauen in beruflichen Frauennetzwerken. Es wird der Frage nachgegangen, welche kollektiven Sinnmuster diese Praxis strukturieren und inwiefern sich dabei Unterschiede entlang generationsspezifischer Erfahrungskontexte rekonstruieren lassen.
Den Ausgangspunkt dieser Fragestellung bildet die von verschiedenen Forscherinnen beobachtete Tendenz einer neoliberalen Vereinnahmung feministischer Praktiken und die damit einhergehende „neoliberale[] Zuweisung individueller Eigenverantwortung“ (Hark & Villa, 2010, S.10). Demzufolge würden sowohl in den Medien als auch in gesellschaftlichen Institutionen feministische Elemente aufgegriffen und unter der Verwendung von Begriffen wie empowerment und choice in einen deutlich „individualistischeren Diskurs umgeformt“ (ebd., S. 13). Ich möchte mit dieser Arbeit dazu anregen, feministische Interventionen vor dem Hintergrund einer solchen Vereinnahmung zu analysieren, um die Inklusion von Frauen am Arbeitsmarkt nicht mit der Veränderung patriarchaler Tiefenstrukturen einer Gesellschaft zu verwechseln.
Die empirische Analyse erfolgte anhand von der Auswertung sprachlichen Datenmaterials, welches mit dem Gruppendiskussionsverfahren erhoben wurde. Die Diskussionsteilnehmerinnen waren selbstständig erwerbstätige Frauen, die sich in beruflichen Frauennetzwerken befinden. Ziel der Analyse war es, konjunktiv geteilte implizite Wissensbestände und handlungsleitende Bedeutungsstrukturen in ihrem sozialen Entstehungszusammenhang zu rekonstruieren. Zu diesem Zweck wurde ein Interpretationsverfahren der rekonstruktiven Sozialforschung – die dokumentarische Methode – angewendet. Die Ergebnisse der Analyse verweisen darauf, dass der Orientierung an einem auf den individuellen Karriereweg bezogenen Nutzen, der aus persönlichen Beziehungen gezogen werden soll, eine handlungsleitende Bedeutung zukommt. Die persönlichen Beziehungen werden in dem Kontext der Frauennetzwerke als Grundlage einer geschäftlichen Weiterentwicklung verstanden, weshalb der Aufbau jener Beziehungen unmittelbar an das Erreichen individueller Ziele geknüpft ist.
Anhand der Befunde wird deutlich, dass die Handlungspraxis der Frauen nicht ausschließlich durch Persönlichkeitseigenschaften oder faktisches Wissen zu erklären ist, sondern als soziale Praxis in ein Netz kollektiver Orientierungen eingebettet ist. Eine Analyse dieser Orientierungen trägt somit zu einem kontextualisierten Verständnis sozialer Phänomene bei.