Abstract (deu)
Seit sich das Smartphone als alltäglicher Begleiter des Menschen in der digitalen Gesellschaft durchgesetzt hat, werden ‚Apps‘ für eine Vielzahl von Anwendungsfällen entwickelt und eingesetzt. Im Bereich des ‚Self-Tracking‘ werden sogenannte ‚Habit Tracking Apps‘ dazu eingesetzt die eigenen Gewohnheiten aufzuzeichnen und sie zu verändern. Im Rahmen dieser Masterarbeit habe ich Autoethnographien mit diesen Apps durchgeführt sowie Interviews mit den jeweiligen Entwickler:innen geführt. Durch die Kombination dieser beiden Methoden kann ich zeigen, dass die Entwickler:innen ihre Arbeit und die damit verbundenen Entscheidungen zwar auf persönliche Erfahrungen stützen, diese aber dennoch in allgemeinere Denkstile eingebettet bleiben. Dabei gehe ich von Madeleine Akrich‘s Konzept der ‚I-Methodology‘ aus, schlage jedoch vor es um eine kollektive Komponente zu erweitern, um die Machtverhältnisse, die bei der Entwicklung neuer Technologien wirken, besser erfassen zu können. Im weiteren Verlauf der Arbeit zeige ich, wie die Nutzer:innen von ‚Habit Tracking Apps‘ von den Entwickler:innen als defizitär imaginiert werden, insbesondere was ihre Willenskraft und Motivation betrifft. Weiterhin kann ich feststellen, dass ‚Habit Tracking Apps‘ als Echokammern für Moralvorstellungen fungieren, da sie bestehende Wertvorstellungen, zum Beispiel in Bezug auf Produktivität, reproduzieren, anstatt diese zu hinterfragen. Schließlich zeige ich, wie Praktiken des ‚Habit-Trackings‘ die Grundlage für die Formierung neuer Gewohnheiten legen sollen. Indem die Entwickler:innen bestimmte Gewohnheiten als gut oder schlecht definieren, machen sie durch ihrer Apps letztendlich „Politik mit anderen Mitteln“. Durch die unmittelbare Untersuchung dieses Typs von App und seiner Entwickler:innen beleuchte ich den Prozess der Einschreibung (‚inscription‘) von Moralvorstellungen in ein alltägliches Artefakt, das unser heutiges Leben nachhaltig beeinflusst.