Abstract (deu)
Die Covid-19 Pandemie trifft in Deutschland und Österreich auf zwei Pflegesysteme, die seit 30 Jahren einen gravierenden Notstand verzeichnen (Auth, 2019; Winker, 2021). Dies bedingt einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs um die Neuverteilung, -bewertung und -organisation von Pflegearbeit. Journalistische Medien fungieren im Ideal einer deliberativen Öffentlichkeit als Arenen politischer Ideen, in der diverse Akteur*innen ihre Deutungsmuster darlegen (Brosda, 2008a; Gerhards, 1997; Habermas, 1992). Etablierte Medien fokussieren in ihrer Berichterstattung aber häufig auf Akteur*innen des politischen Zentrums und männliche Akteure*. Weibliche und zivilgesellschaftliche Akteur*innen werden damit marginalisiert (Heft, 2009; Kassova, 2020; Macharia, 2015; Wallner et al., 2012). Spätestens in Zeiten grundlegender gesellschaftlicher Umbrüche wie sie durch Krisen ausgelöst werden ist diese Fokussierung eine Verengung des Diskurs (Klaus, 2017; Krüger & Meyen, 2018). Die vorliegende Arbeit analysierte innerhalb von insgesamt 165 Online-Tageszeitungsberichten 284 direkt und indirekt zitierte Akteur*innen hinsichtlich ihres Geschlechts und ihres Status als Expert*in sowie ihrem Standing im politischen System. Zwar sind die Ergebnisse aufgrund fehlender statistischer Signifikanz nicht verallgemeinerbar, bieten aber hinsichtlich ihrer Abweichung vom bestehenden Forschungsstand einige Anknüpfungspunkte für weiter- führende Studien. Denn weibliche und zivilgesellschaftliche Akteur*innen werden in den analysierten Berichten um Pflege vergleichsweise häufig abgebildet. Die relativ hohe Abbildung von Frauen* in einem traditionell weiblich konnotierten Gesellschaftsbereich ist zwar kritisch zu beurteilen. Die vergleichsweise häufige Darstellung als deutungsmächtige Expert*innen und politische Entscheidungsträger*innen könnte aber darauf hinweisen, dass Frauen* im medialen Diskurs um Pflege relativ viel Deutungsmacht innehalten. Aufgrund der vergleichsweise hohen Repräsentation zivilgesellschaftlicher Akteur*innen könnte vermutet werden, dass Medien auf die Krisenhaftigkeit der Pflege und der Problemlösungsunfähigkeit des politischen Zentrums reagieren, ihre Berichterstattungsroutinen durchbrechen und sich verstärkt der politischen Peripherie und ihren Deutungsmustern öffnen (Brosda, 2008a; Habermas, 1992).