Abstract (deu)
Tiere verfügen über endogene Uhren um zyklische Umweltveränderungen, die von astronomische Zyklen bestimmt werden, zu antizipieren und so ihre Physiologie und ihr Verhalten optimal anzupassen. Dabei nutzen Tiere das Umgebungslicht als Signal um ihre innere(n) Uhr(en) mit diesen Umgebungszyklen zu synchronisieren. Während bekannt ist das einige marine Tierarten Mondlicht nutzen um monatliche, sogenannte zirkalunare Uhren einzustellen, die es ihnen erlauben den Zeitpunkt ihrer Fortpflanzung mit bestimmten Mondphasen zu synchronisieren, gilt Sonnenlicht als Hauptreiz um die tägliche zirkadiane Uhr einzustellen. Es gibt jedoch immer mehr Hinweise darauf, dass auch Mondlicht die zirkadiane Zeitmessung bei verschiedenen Spezies, von Wirbellosen bis hin zum Menschen, beeinflusst. Wie Mondlicht wahrgenommen und auf molekularer Ebene von Sonnenlicht unterschieden wird und wie es die zirkadiane Uhr beeinflusst, ist jedoch noch weitgehend ungeklärt, auch weil geeignete Tiermodelle fehlen.
In dieser Arbeit verwende ich den marinen Borstenwurm Platynereis dumerilii als genetisch zugängliches Modellsystem, um zu untersuchen, wie Mondlicht die zirkadiane Uhr beeinflusst. Mit Hilfe eines neuartigen Verhaltensparadigmas zeige ich, dass das zirkadiane Timing des Fortpflanzungsverhaltens von einer mondlichtempfindlichen, plastischen zirkadianen Uhr gesteuert wird, die das Fortpflanzungsverhalten auf den jeweiligen dunklen Teil der Nacht legt, in dem kein Mondlicht vorhanden ist. Weiters zeige ich mit Hilfe von zwei gentechnisch veränderte Platynereis Linien, denen jeweils ein bestimmter Lichtrezeptor fehlt, dass die beiden Lichtrezeptoren L-Cry und r-Opsin1 auf nicht-redundante Weise die Auswirkungen von Mondlicht auf die zirkadiane Uhr vermitteln. Während r-Opsin1 genetisch erforderlich ist, um den Beginn des Schwärmverhaltnes an ein abnehmendes Mondlichtregime anzupassen, hat L-Cry eine Doppelfunktion bei der Anpassung der plastischen zirkadianen Uhr an Licht: Es stimmt die zirkadiane Uhr auf natürliches Sonnenlicht ab, und vermittelt zusätzlich eine Verkürzung der zirkadianen Periodenlänge unter längerer Mondlichtexposition. Darüber hinaus liefern wir biophysikalische, biochemische und verhaltensbiologische Hinweise dafür, dass L-Cry über zwei unterschiedliche Signalwege die Valenz von Sonnen- und Mondlicht kodiert. Wir weiten diesen Befund auf Drosophila aus und zeigen, dass Drosophila Cry ebenfalls benötigt wird, um Mondlicht richtig zu interpretieren und so eine Störung der zirkadianen Uhr durch Mondlicht zu verhindern. Zusammen mit einer begleitenden Studie, die die Funktion von L-Cry im Zusammenhang mit der monatlichen zirkalunaren Uhr der Würmer untersucht, liefern wir molekulare Einblicke in die Dekodierung von Mond- und Sonnenlicht für die zirkadiane und zirkalunare Zeitmessung.
Um besser zu verstehen wie zirkadiane Zeit innerhalb des Organismuses kommuniziert wird, habe ich schließlich an einer Studie mitgewirkt, die neue Einblicke in das Entrainment von peripheren zirkadianen Oszillatoren durch lokalen Lichteinfluss sowie durch Einfluss vom zentralen Oszillator im Gehirn der Würmer liefert.