Abstract (deu)
Die Masterthese beschäftigt sich mit dem Verhältnis von ÄrztInnen und PatientInnen unter Einbezug multidisziplinärer Perspektiven. Ziel der Arbeit ist, die in einer Vielzahl wissenschaftlicher Disziplinen bestehende Perspektivenvielfalt mit Hilfe einer leitfadengestützten ExpertInnen-Befragung sichtbar zu machen. Die ExpertInnen zeichnen sich aus durch hohe Positionierung im Feld und ihre Zugehörigkeit zu verschiedenen medizinischen Disziplinen (Innere Medizin, Psychiatrie, Geriatrie und Labormedizin) und anderer, mit diesen verknüpfter Bereiche (Gesundheitsökonomie, Technik, Pflegewissenschaft, Politikwissenschaft, Medizingeschichte, Psychologie). Nach Auswertung der empirischen Daten, welche sowohl unter Bezugnahme auf eine inhaltsanalytische Methodologie und mittels Grounded Theory Ansatzes erfolgte, kann die im Literaturteil aufgefundene Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Entwicklungen in der Praxis der Krankenbehandlung auch als eigener empirischer Befund beobachtet werden. Die Ergebnisse werden in ihrer Widersprüchlichkeit abgebildet, unter Verwendung des Begriffs der „Spannungslinien“. So wurden die Linien identifiziert als „Talk vs. Action“, „Daten vs. Wissen“, „bewusste Regelbefolgung vs. strategisches Agieren im Feld“, „Spezialisierung vs. (Re-)Integration“, „Teamkultur Health Care Professional vs. Teamkultur ÄrztIn-PatientIn“ und „Paternalismus vs. Partnerschaft“. Die soziologisch-interpretative Rahmung bildet eine durch die Praxeologie Bourdieus inspirierte Analyse, in welcher abschließend vier Typen von PatientInnen vorgestellt werden. Im Ergebnis zeigt sich die organisierte Krankenbehandlung als fragmentiert und unter Beteiligung einer großen Anzahl von AkteurInnen, so dass das Abstellen auf eine dyadische Beziehung zwischen einem Arzt und einem Patienten als für die soziologische Analyse unterkomplex erscheint. Vielmehr handelt es sich um einen arbeitsteiligen Prozess unter Partizipation hoch spezialisierter AkteurInnen, bei welchem auch die PatientInnen als integraler Bestandteil aktiv partizipieren (müssen) und durch welche sie nicht als „passive“ »Objekte«“ geschleust werden können.