Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit untersucht den Gebrauch von Alkohol und Zigaretten aus raumsoziologischer sowie suchtpräventiver Sicht. Zuletzt rückten situationsbezogene Faktoren von Substanzgebrauch verstärkt in den Fokus wissenschaftlicher Forschung, sowie die Frage, wie Veränderungen der physischen Umwelt Substanzgebrauch und Folgeschäden vorbeugen können. Ein Großteil dieser Literatur nutzt einen begrenzten Umweltbegriff, was mögliche Erkenntnisse für die Prävention einschränkt. Ausgehend von einem sozialwissenschaftlichen Raumbegriff entwickelt diese Dissertation eine Konzeptualisierung von Umwelt, die neue Zugänge in der Suchtprävention ermöglichen kann.
Theoretisch wurde Löws Raumsoziologie mit Kellys Theorie der persönlichen Konstrukte verbunden, um zu untersuchen, wie potenzielle Zielgruppen Räume gedanklich herstellen, was sie also als die wesentlichen Merkmale von Alltagssettings wahrnehmen und wie diese Merkmale mit ihrem eigenen Gebrauch von Alkohol oder Zigaretten in diesen Räumen zusammenhängen. Die hauptsächliche Forschungsfrage war: Wie hängen wahrgenommene sozialräumliche Aspekte mit situationsbezogenem Substanzgebrauch zusammen?
Die empirische Studie verfolgte einen Mixed-Methods Ansatz auf Basis von Interviews. Studienteilnehmerinnen waren 24 sozial integrierte Konsumentinnen von Alkohol oder Zigaretten im Alter von 18 bis 26 Jahren, die an der Universität Wien studierten. Teilnehmerinnen nannten Räume ihres Alltags (z.B. Zuhause, Universität, Bar) und verglichen diese mittels Repertory-Grid-Methodik, um wesentliche sozialräumliche Aspekte herauszuarbeiten und die Räume mittels dieser zu bewerten. Erhobene Räume, Aspekte, Bewertungen sowie Interviewtranskripte wurden mittels qualitativer Inhaltsanalysen und statistischer Verfahren ausgewertet.
Insgesamt wurden 296 Räume und 108 sozialräumliche Aspekte erhoben. In der Folge konnten 12 Dimensionen der Rauminterpretation bestimmt werden. Räume, die sich hinsichtlich des Substanzgebrauchs unterschieden, wurden auf diesen Dimensionen ebenfalls unterschiedlich verortet. Eine qualitative Analyse situationsbezogener Verläufe zeigte weiters auf, wie die Dimensionen im Zusammenspiel mit anderen Faktoren Substanzgebrauch oder Abstinenz bedingen können. „Interpretierter Raum“ zeichnete sich als wesentliche vermittelnde Variable zwischen der physischen Umwelt und menschlichem Handeln ab.
Ein visuelles Modell führt die Ergebnisse zusammen und zeigt auf, wie die physische Umwelt Substanzgebrauch oder Abstinenz begünstigen kann. Die Studie kann daher einen Beitrag zu sozialwissenschaftlichen Raumtheorien sowie zur Forschung und Prävention in Bezug auf Substanzgebrauch leisten.