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Title (deu)
Einsamkeit in Phasen existenzieller Bedrohung
eine Darstellung des Phänomens Einsamkeit in schwierigen Phasen des Lebens aus philosophischer Perspektive
Author
Klaus Tögel
Adviser
Katharina Lacina
Assessor
Katharina Lacina
Abstract (deu)

Das Erleben von Einsamkeit ist eine wesentliche Erfahrung des Menschen. Manche streben sie an, um zurückgezogen und unabhängig von anderen zur Ruhe zu kommen, sich von Verpflichtungen zu lösen, sich den Musen oder der Kontemplation in der Natur hinzugeben. Zumeist ist sie aber Folge belastender Umstände, wie Verbannung und Exil, Verlust der Heimat, oder Leiden und Schmerz im Krankheitsfall. Diese unterschiedlichen Ursachen und Formen von Einsamkeit werden in der gegenständlichen Arbeit beschrieben und abgehandelt.
Im Zentrum der Arbeit steht eine Übersicht verschiedener Interpretationen von Einsamkeit aus der Sicht ausgewählter Philosophen, ein breites Spektrum des Einsamkeitserlebens über zwei Jahrtausende, wie es sich in Texten und Briefen darstellt.
Heraklit wandert als Misanthrop und Einsiedler einsam durch die Wälder. Epikur zieht sich mit seinen Jüngern in einen Garten zurück, um sich dort in Ruhe, fern vom Trubel der Stadt, der Ataraxie, der Seelenruhe, und dem Philosophieren hinzugeben. Auch Horaz schafft sich ein Refugium am Land zur inneren Einkehr. Entsprechend der Grundeinstellung der Stoa, Einsamkeit als innere Freiheit zu gewinnen und als Unabhängigkeit von allem Irdischen zu bewahren, entwickelt Epiktet seine Lehren, selbst als Sklave geboren und von körperlichen Gebrechen gezeichnet. Seneca fällt als erfolgreicher Politiker in Ungnade und wird für neun Jahre in das unwirtliche Korsika verbannt, versucht aber trotzdem, in Briefen an seine Mutter, und auch in anderen Schriften, sogar dieser extremen Situation der Einsamkeit Positives abzugewinnen. Nach außen erfolgreicher Römischer Kaiser, nach innen einsam, nur in der Philosophie der Stoa Trost suchend und findend, sucht Marc Aurel die innere Ruhe, seine innere Burg.
Im Mittelalter wurden Einsamkeitserlebnisse häufig aus religiöser Motivation gesucht, wie dies am Beispiel von Meister Eckhard, dem großen Mystiker, dargestellt wurde.
In Abkehr davon steht in der Renaissance die Abwendung von den kirchlichen Traditionen und die Betonung des Einzelnen im Vordergrund, aber auch das einschneidende Erlebnis der ersten großen Pandemie, der Pest. Exemplarisch werden zwei wichtige Denker dieser Zeit vorgestellt, die sich aus unterschiedlicher Motivation für die Einsamkeit als Quelle der Kontemplation und zum Zweck literarischer Betätigung entschieden haben, Francesco Petrarca und Michel de Montaigne.
Im Zeitalter der Aufklärung kommt es zu einer weiteren Säkularisierung der Gesellschaft, die Menschen sind weltaufgeschlossen und kulturfreudig. Zwei philosophierende Autoren dieser Zeit, die sich zunehmend in Einsamkeit geflüchtet und ihre Empfindungen schriftlich niedergelegt haben, werden vorgestellt: Jean-Jacques Rousseau und Johann Georg Zimmermann.
Als bedeutender Philosoph des 19. Jh. wird Friedrich Nietzsche, der sich selbst immer wieder als ewig Einsamen apostrophiert hat, und dieses Gefühl in seinem „Zarathustra“ intensiv beschrieben hat, dargestellt.
Im 20. Jh. ist es Karl Jaspers, der sich, aus eigenem Krankheitserleben und lebenslanger Isolation heraus, tiefgreifend mit der Problematik der Einsamkeit auch theoretisch, insbesondere in Zusammenhang mit Kommunikation, auseinandergesetzt hat. Ebenso aber auch mit dem Kranksein als solchem in seiner Eigenschaft als „Grenzsituation“ des Menschen, die zu ausgeprägten existenziellen Krisen und Einsamkeitssituationen führen kann.
Der Einsamkeit der Sterbenden am Ende des Lebens und der Empfindung der immer weniger werdenden Zeit bis zum Tod war ein eigener Abschnitt gewidmet.
Zuletzt folgt noch eine Reflexion über die Einsamkeitsproblematik anlässlich der seit dem Frühjahr 2020 grassierenden Covid-19-Pandemie. Die seitens der Regierungen und Behörden verhängten bewegungs- und freiheitseinschränkenden Maßnahmen haben auch zu sehr kontroversiellen Stellungnahmen namhafter Philosophen geführt.
Menschen müssen aber auch in der Lage sein, Einsamkeit anzunehmen. Im abschließenden Kapitel wird deshalb mit Odo Marquard die Frage der Einsamkeitsfähigkeit diskutiert

Abstract (eng)

Loneliness is one of the essential human experiences of human beings, occasionally of free choice, to indulge in leisure or to escape the hustle of the city, but more often arising from stressful, even tormenting external circumstances, such as exile or illness.
Various forms and causes of loneliness are discussed in the present work, based on an overview of interpretations by selected philosophers from two millennia, from ancient philosophy to representatives of the 20th century.
An additional but important aspect of this work is to focus on the experience of loneliness in cases of illness and the end-of-life awareness of limited time. Lastly, there are also reflections on the recent occurrence of the Covid 19 pandemic and statements by renowned philosophers on this, as well as some remarks on people's capacity for loneliness.

Keywords (deu)
EinsamkeitStoaNietzscheJaspersPandemie
Keywords (eng)
LonelinessSolitudeStoaCovid-19
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1401311
rdau:P60550 (deu)
151 Seiten
Number of pages
155
Study plan
Universitätslehrgang Studium Generale (MA) - Das nachberufliche Studium an der Universität Wien
[UA]
[992]
[499]
Association (deu)
Members (1)
Title (deu)
Einsamkeit in Phasen existenzieller Bedrohung
eine Darstellung des Phänomens Einsamkeit in schwierigen Phasen des Lebens aus philosophischer Perspektive
Author
Klaus Tögel
Abstract (deu)

Das Erleben von Einsamkeit ist eine wesentliche Erfahrung des Menschen. Manche streben sie an, um zurückgezogen und unabhängig von anderen zur Ruhe zu kommen, sich von Verpflichtungen zu lösen, sich den Musen oder der Kontemplation in der Natur hinzugeben. Zumeist ist sie aber Folge belastender Umstände, wie Verbannung und Exil, Verlust der Heimat, oder Leiden und Schmerz im Krankheitsfall. Diese unterschiedlichen Ursachen und Formen von Einsamkeit werden in der gegenständlichen Arbeit beschrieben und abgehandelt.
Im Zentrum der Arbeit steht eine Übersicht verschiedener Interpretationen von Einsamkeit aus der Sicht ausgewählter Philosophen, ein breites Spektrum des Einsamkeitserlebens über zwei Jahrtausende, wie es sich in Texten und Briefen darstellt.
Heraklit wandert als Misanthrop und Einsiedler einsam durch die Wälder. Epikur zieht sich mit seinen Jüngern in einen Garten zurück, um sich dort in Ruhe, fern vom Trubel der Stadt, der Ataraxie, der Seelenruhe, und dem Philosophieren hinzugeben. Auch Horaz schafft sich ein Refugium am Land zur inneren Einkehr. Entsprechend der Grundeinstellung der Stoa, Einsamkeit als innere Freiheit zu gewinnen und als Unabhängigkeit von allem Irdischen zu bewahren, entwickelt Epiktet seine Lehren, selbst als Sklave geboren und von körperlichen Gebrechen gezeichnet. Seneca fällt als erfolgreicher Politiker in Ungnade und wird für neun Jahre in das unwirtliche Korsika verbannt, versucht aber trotzdem, in Briefen an seine Mutter, und auch in anderen Schriften, sogar dieser extremen Situation der Einsamkeit Positives abzugewinnen. Nach außen erfolgreicher Römischer Kaiser, nach innen einsam, nur in der Philosophie der Stoa Trost suchend und findend, sucht Marc Aurel die innere Ruhe, seine innere Burg.
Im Mittelalter wurden Einsamkeitserlebnisse häufig aus religiöser Motivation gesucht, wie dies am Beispiel von Meister Eckhard, dem großen Mystiker, dargestellt wurde.
In Abkehr davon steht in der Renaissance die Abwendung von den kirchlichen Traditionen und die Betonung des Einzelnen im Vordergrund, aber auch das einschneidende Erlebnis der ersten großen Pandemie, der Pest. Exemplarisch werden zwei wichtige Denker dieser Zeit vorgestellt, die sich aus unterschiedlicher Motivation für die Einsamkeit als Quelle der Kontemplation und zum Zweck literarischer Betätigung entschieden haben, Francesco Petrarca und Michel de Montaigne.
Im Zeitalter der Aufklärung kommt es zu einer weiteren Säkularisierung der Gesellschaft, die Menschen sind weltaufgeschlossen und kulturfreudig. Zwei philosophierende Autoren dieser Zeit, die sich zunehmend in Einsamkeit geflüchtet und ihre Empfindungen schriftlich niedergelegt haben, werden vorgestellt: Jean-Jacques Rousseau und Johann Georg Zimmermann.
Als bedeutender Philosoph des 19. Jh. wird Friedrich Nietzsche, der sich selbst immer wieder als ewig Einsamen apostrophiert hat, und dieses Gefühl in seinem „Zarathustra“ intensiv beschrieben hat, dargestellt.
Im 20. Jh. ist es Karl Jaspers, der sich, aus eigenem Krankheitserleben und lebenslanger Isolation heraus, tiefgreifend mit der Problematik der Einsamkeit auch theoretisch, insbesondere in Zusammenhang mit Kommunikation, auseinandergesetzt hat. Ebenso aber auch mit dem Kranksein als solchem in seiner Eigenschaft als „Grenzsituation“ des Menschen, die zu ausgeprägten existenziellen Krisen und Einsamkeitssituationen führen kann.
Der Einsamkeit der Sterbenden am Ende des Lebens und der Empfindung der immer weniger werdenden Zeit bis zum Tod war ein eigener Abschnitt gewidmet.
Zuletzt folgt noch eine Reflexion über die Einsamkeitsproblematik anlässlich der seit dem Frühjahr 2020 grassierenden Covid-19-Pandemie. Die seitens der Regierungen und Behörden verhängten bewegungs- und freiheitseinschränkenden Maßnahmen haben auch zu sehr kontroversiellen Stellungnahmen namhafter Philosophen geführt.
Menschen müssen aber auch in der Lage sein, Einsamkeit anzunehmen. Im abschließenden Kapitel wird deshalb mit Odo Marquard die Frage der Einsamkeitsfähigkeit diskutiert

Abstract (eng)

Loneliness is one of the essential human experiences of human beings, occasionally of free choice, to indulge in leisure or to escape the hustle of the city, but more often arising from stressful, even tormenting external circumstances, such as exile or illness.
Various forms and causes of loneliness are discussed in the present work, based on an overview of interpretations by selected philosophers from two millennia, from ancient philosophy to representatives of the 20th century.
An additional but important aspect of this work is to focus on the experience of loneliness in cases of illness and the end-of-life awareness of limited time. Lastly, there are also reflections on the recent occurrence of the Covid 19 pandemic and statements by renowned philosophers on this, as well as some remarks on people's capacity for loneliness.

Keywords (deu)
EinsamkeitStoaNietzscheJaspersPandemie
Keywords (eng)
LonelinessSolitudeStoaCovid-19
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1424736
Number of pages
155
Association (deu)