Abstract (deu)
Diese Masterarbeit behandelt in einer mikrohistorischen Analyse von Gerichtsakten die Täter der Endphaseverbrechen vom April 1945 im heutigen Bezirk Scheibbs in Niederösterreich. Innerhalb einer Woche wurden über 190 Jüdinnen und Juden aus Ungarn an drei verschiedenen Orten, in Göstling an der Ybbs, Randegg und Gresten, ermordet. Täter aus dem gleichen Netzwerk, bei denen es sich nur um Männer handelte, verübten noch weitere Morde in den darauffolgenden Wochen bis zum Kriegsende. Wie die Verbrechen abliefen, wer die Tatbeteiligten waren und welche Motive hinter den Taten standen, wird in dieser Arbeit beantwortet. Im Zentrum steht dabei das Netzwerk an Tätern, die in einem arbeitsteiligen Prozess diese Endphaseverbrechen verübten. Lokale HJ-Angehörige aus Scheibbs und Lunz am See kooperierten dabei mit der SD-Außenstelle Scheibbs und lokalen, einzelnen SS-Angehörigen. Neben diesen Direkttätern waren auch lokale Verwaltungsbeamte in die Verbrechen involviert.
Die Endphaseverbrechen im heutigen Bezirk Scheibbs kennzeichnen sich als solche nicht nur durch die zeitliche Einordnung als Verbrechen am Ende des Krieges, sondern vor allem durch die ideologische Dimension der Endphase. Denn die Haupttäter waren fanatische Nationalsozialisten und glaubten, sich in einem „Endkampf“ zu befinden. Viele Indizien weisen darauf hin, dass die Täter sich im Sinne des „Werwolf“-Gedanken, der Idee eines NS-Untergrundkampfes, betätigten. Auch ideologische Grundlagen des Nationalsozialismus prägten das Handeln der Täter. Vorstellungen von soldatischer Männlichkeit und Kameradschaft spielten ebenso eine Rolle wie Antisemitismus.