Abstract (deu)
Obwohl das Empowerment der Frau seit mehr als 50 Jahren auf der globalen Agenda steht, gingen die Fortschritte bei der Gleichstellung der Frauen seit den 1970er Jahren mit einer Zunahme sozioökonomischer Ungleichheiten und der Etablierung einer neoliberalen Weltordnung einher. Diese Form eines neoliberalen globalen Feminismus hat eine genderbezogene Agenda durchgesetzt, die intersektionale Formen der Unterdrückung, welche Frauen und vergeschlechtlichte Subjektivitäten erfahren - wie etwa rassistische und klassenbezogene Unterdrückung - nicht berücksichtigt. Am 8. März 2017 schlossen sich mehrere feministische Bewegungen in verschiedenen Teilen der Welt dem globalen feministischen Streik an, was auf das Wiederaufleben einer oppositionellen, anti-neoliberalen Welle der feministischen Mobilisierung hindeutet, die bisher nur wenig untersucht worden ist. Das Hauptziel dieser Arbeit ist, festzustellen, inwieweit es feministischen Bewegungen, die sich um die Idee des globalen feministischen Streiks herum mobilisiert haben, gelingt, die hegemonialen Paradigmen des globalen Feminismus auf neoliberaler Grundlage in Frage zu stellen. Die italienische Bewegung Non Una di Meno (NUDM) und die Mobilisierung rund um den feministischen Streik 2021 wurden als Fallstudie herangezogen. Als studentische Aktivistin habe ich eine feministische dekoloniale Epistemologie und ein interdisziplinäres Forschungsparadigma angewendet, welche auf einem situierten, zirkulären und verkörperten Forschungsrahmen beruhen. Durch teilnehmende Beobachtung und Textanalyse wurden ethnografische Daten und Dokumente gesammelt und ausgewertet. Aus einer methodologischen Perspektive zielte diese Forschung darauf ab, die akademische Welt zu einem Ort der Spannung zwischen der potentiellen Radikalität einer bewusst politischen Epistemologie und dem Mainstreaming der feministischen dekolonialen Politik zu machen. Aus inhaltlicher Sicht gibt es drei Hauptergebnisse. Erstens reiht sich die NUDM-Bewegung analytisch in eine Tradition des feministischen Marxismus ein, der die Definitionen von Arbeit und Arbeitskampf erfolgreich neu formuliert, indem er unbezahlte und reproduktive Arbeit in den Mittelpunkt stellt und dazu beiträgt, das Konzept der Arbeiterklasse um historisch marginalisierte Subjekte zu erweitern. Zweitens wird der feministische Streik als Instrument zur Neubestimmung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt vorgeschlagen, und zwar durch eine Verbindung zu ökonomischer Gewalt und biokapitalistischer Ausbeutung. Im Kontext einer globalen rassischen und geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und der verschwindenden Unterscheidung zwischen Lebenszeit und Arbeitszeit stellt sich der feministische Streik "für das Leben" Herausforderungen, die traditionell sowohl von der Frauen- als auch von der Arbeiter*innen- und Migrant*innenbewegung übersehen wurden. Schließlich betreibt NUDM eine politische Analyse, die sich der Überschneidung von geschlechtsspezifischen und rassistischen Kategorien bewusst ist und eine Grundlage für den Aufbau einer globalen Solidarität auf der Basis des Antikapitalismus bietet.