Abstract (deu)
In dieser Masterarbeit wird die Rolle der Musik im Rahmen der ästhetischen und liturgischen Praxis in den Gottesdiensten der Gemeinden des kirchlichen Zusammenschlusses der Freikirchen in Österreich (FKÖ) in Wien, untersucht. Primäre Forschungsmethoden waren ExpertInneninterviews mit PastorInnen, von Musikverantwortlichen ausgefüllte Fragebögen, teilnehmende Beobachtung von Gottesdiensten und die Analyse von Liedern, die in Gemeinden über einen Zeitraum von drei Monaten gesungen wurden. Außerdem wurde eine anonyme Umfrage unter Kirchenmitgliedern durchgeführt. Die FKÖ ist seit 2013 eine gesetzlich anerkannte Kirche, hat aber ihre Wurzeln in der Täuferbewegung der protestantischen Reformationsgeschichte. Die fünf angehörenden Gemeindebünde sind in zentralen theologischen Lehren (Jesus als Herr und Erlöser, die Autorität und Verlässlichkeit der Bibel, die im Apostolischen Glaubensbekenntnis geeinte Weltkirche, der Missionsauftrag der Kirche) und klassischen freikirchlichen Schwerpunkten (persönliche Bekehrung mit Glaubenstaufe, Autonomie der Ortsgemeinde, Trennung von Kirche und Staat) geeint. Der Gottesdienst ist ein zentraler Ausdruck des Glaubens und der Praxis und zeigt individuelle und gemeinschaftliche Aspekte eines vielschichtigen Verständnisses der christlichen Anbetung. Die Gottesdienste zeichnen sich grundsätzlich durch eine informelle Atmosphäre aus, die sich in einem Spektrum von „familiär“ bis „trendy“ bewegt. Die gottesdienstlichen Elemente, insbesondere die Musik und die Predigt, sind in flexible liturgische Formen eingebettet. Die Musik in den Gottesdiensten schöpft aus zahlreichen Quellen und ist besonders von den aktuellen Trends in der weltweiten christlichen Musik beeinflusst. Die Lieder dieses zeitgenössischen Repertoires beziehen sich sowohl auf zentrale Glaubensinhalte als auch auf das Vokabular individueller Erfahrungen und eignen sich für eine flexible Instrumentierung und für den Unisono-Gesang. Die Vielfalt auf der Ebene der Gemeindebünde und Gemeinden zeigt sich in einem unterschiedlichen Grad an emotionaler und gestischer Ausdruckskraft und in einem Kontinuum musikalischer Stile, das zwischen „kollektiv“ und „konzertant“ liegt. Allerdings überschneiden sich die musikalischen Repertoires der Gemeinden in hohem Maße und sie betonen übereinstimmend den Vorrang authentischer Anbetung. Die ästhetischen und musikalischen Elemente der Gottesdienste der Wiener Gemeinden der FKÖ veranschaulichen historisch und theologisch verwurzelte Merkmale, die in der zeitgenössischen gottesdienstlichen Praxis des weit gefassten freikirchlichen Protestantismus im deutschsprachigen Europa und darüber hinaus Widerhall finden.