Abstract (deu)
Der Ruf der katalanischen Bevölkerung nach mehr Autonomie ist in historischen und vor allem in aktuellen Debatten zu hören. Die Katalanen sind seit Jahren sehr unzufrieden mit der spanischen Zentralregierung und haben deshalb Forderungen nach mehr Autonomie oder gar Unabhängigkeit formuliert. Historische Niederlagen und Konflikte sowie die aktuelle wirtschaftliche Situation begünstigen dabei die sezessionistischen Tendenzen Kataloniens. Nach der Entdeckung der Forschungslücke in der Schnittstelle zwischen Nationalismus und Curriculum Studien wird der Fall des katalanischen Nationalismus als Beispiel verwendet, um diese Lücke zu schließen. Da sich die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen zu dieser Lücke auf etablierte Nationalstaaten beziehen, stellt Katalonien als Nation ohne Staat einen Sonderfall dar. Daher untersucht diese Masterarbeit die Rolle der Schulen bei der Schaffung eines loyalen katalanischen Bürgers, indem sie den Aspekt der Erziehung zu politischen und sozialen Perspektiven des Prozesses der Nationenbildung hinzufügt. Als Materialisierung des Curriculums konzentriere ich mich auf Schulbücher der Sekundarstufe im Fach Sozialwissenschaften vom Übergang zur Demokratie nach dem Franco-Regime bis heute (1990-2016). Um dieses Ziel zu erreichen, basiert der theoretische Rahmen auf M. Billig's (1995) Theorie des banalen Nationalismus und U. Özkirimli's (2017) Vorschlag, Nationalismus als Diskurs zu verstehen. Durch dieses Verständnis von Nationalismus und eine spezifische Verschiebung des Rekonzeptualismus im Bereich der Curriculumstudien ist es möglich, die zugrunde liegenden nationalen Ideologien aufzudecken. In Anlehnung an Pocock (1997) und Skinner (1969) wird der methodische Rahmen entwickelt, um Äußerungen aus dem katalanischen Nationaldiskurs zu untersuchen. Ausgehend von der Hypothese, dass die zunehmende Autonomie im katalanischen Bildungssystem zur Herausbildung einer noch stärkeren katalanischen nationalen Identität beigetragen hat, wurden in 14 ausgewählten Schulbüchern vier nationale Motive aufgedeckt: (1) Katalonien als eigenständige Nation, (2) Historische Errungenschaften Kataloniens, (3) Spanien als der alte Feind Kataloniens und (4) Katalonien als Spanien überlegen. Obwohl die diskursive Repräsentation dieser vier Motive nicht nur auf die Konstruktion einer katalanischen Identität abzielt, sondern auch den Konflikt zwischen katalanischem und spanischem Nationalismus eröffnet, zeigt die Arbeit dennoch, oder gerade deshalb, dass ein Verständnis nationalistischer Diskurse sowie bestimmter Bedingungen des Curriculums nur unter Berücksichtigung der starken Verbindung und Schnittstelle zwischen Nationalismus Studien und Bildungswissenschaften erreicht werden kann.