Abstract (deu)
Diese Arbeit behandelt die Beiträge Karl Poppers zu den Sozialwissenschaften im Hinblick auf seine Nähe zur und Engagement mit der österreichischen Sozialdemokratie und die zentrale Bedeutung dieser Ideen angesichts der empfindlichen Lage der liberalen Demokratie im 21 Jahrhundert. Die Sozialdemokratie wird erläutert als eine egalitäre Tradition innerhalb des klassischen Liberalismus, die während der Zeit der „Wiener Spätaufklärung“ 1918-1938, die einzige demokratische Kraft im Land war. Poppers Wissenschaftsphilosophie und ihre Verbindung zu seiner politischen und Moralphilosophie werden in diesem Zusammenhang erläutert. Durch seine akribische Marxkritik gelingt es Popper, eine rationale kantische Interpretation von Marx aufzustellen. Diese Interpretation ist in der Lage, Marx’ Philosophie von ihren negativen hegelianischen Zügen zu befreien. Poppers Einsichten liefern eine wissenschaftliche Basis für eine Neuausrichtung der Sozialdemokratie als essenzielles Gegengewicht zum Neoliberalismus. Poppers sozialdemokratisches Programm der stückweisen Sozialtechnik als rationale Form des Interventionismus steht als vernünftiger Mittelweg den irrationalen Positionen von Links und Rechts gegenüber. Das Schisma zwischen den zwei großen liberalen Strömungen, mit der sozialdemokratischen Mischwirtschaft auf der einen Seite und dem neoliberalen Marktfundamentalismus auf der anderen Seite, wird von Popper als „Fatal Split“, tödliche Spaltung, beklagt. Diese Spaltung wird hier durch eine wissenschaftliche und programmatische Auseinandersetzung zwischen Popper und dem einflussreichen Ökonomen der österreichischen Schule der Nationalökonomie, Ludwig von Mieses, erörtert. In weiterer Folge wird die These aufgestellt, dass diese Spaltung, die noch immer besteht, eine wesentliche Ursache für die extreme Polarisierung innerhalb des Westens ist und dass Poppers Ideen Lösungsansätze bieten, um den Liberalismus aus seiner tiefen Krise zu befreien.