Abstract (deu)
In dieser Masterarbeit werden die mechanischen Eigenschaften von menschlichem Haar in-situ durch mechanische Belastung auf der Makroebene und durch Röntgenkleinwinkelstreuung (SAXS) auf der Nanoebene analysiert. Für die Kosmetikindustrie sind diese Eigenschaften von Relevanz, da Haare im Alltag regelmäßig mechanischen Belastungen ausgesetzt sind. Dies findet etwa durch Kämmen, durch Zusammenbinden der Haare zu einem Zopf oder durchs Haare Glätten statt. Solche Tätigkeiten sollen die Haare nicht beschädigen. Falls es zu Veränderungen kommt, so ist es erwünscht, dass diese reversibel sind. Es werden Zugversuche an Haarproben durchgeführt und SAXS-Streubilder aufgenommen, um die Nanostruktur in-situ zu beobachten. Drei Reflexe werden analysiert, die Informationen zum Abstand der Intermediärfilamente (IFs) geben sowie zur Dehnung dieser Filamente (meridionaler Bogen, der von in Längsrichtung zueinander versetzter Moleküle stammt) und dem Deformationsverhalten der Kutikula des Haares (Lipidring, der die Abstände von Doppellipidschichten in Lastrichtung und normal dazu beschreibt). Es zeigte sich, dass die nanoskopische Dehnung der IFs mit etwa zwei Dritteln der makroskopischen Dehnung sehr hoch ist. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass die IFs nahezu die gesamte mechanische Last aufnehmen. Unter Bezugnahme auf den Abstand der IFs kann das Verhältnis von transversaler zu longitudinaler Dehnung berechnet werden (Poissonzahl auf Nanoebene ). Mit einem Wert von etwa 0,5 stimmt dies mit der makroskopischen Poissonzahl überein. Ein Wert von 0,5 wird häufig bei Elastomeren beobachtet und entspricht einem inkompressiblen Material. Da die Poissonzahl auf Nanoebene ident ist zu jener auf Makroebene, liegt der Schluss nahe, dass andere hierarchische Level wie die Makrofibrillen oder der Zellmembrankomplex keinen wesentlichen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften von Haar haben. Für die Lipide wurde nur eine geringe nanoskopische Dehnung von etwa einem Prozent beobachtet. Nachdem die Lipide hauptsächlich in den Schuppen des Haares in der Kutikula vorkommen, weist dies darauf hin, dass sich die Schuppen bei hoher Dehnung gegeneinander verschieben. Daraus resultiert weiters eine obere Grenze für die Dehnung der Lipide. Es wurde eine Regeneration der Struktur nach einer gewissen Wartezeit nach einem ersten Belastungszyklus festgestellt. Bei Wartezeiten von 10 Minuten und einer Stunde zwischen aufeinander folgenden Lastzyklen unterschieden sich die beobachteten Werte der beiden Zyklen. Betrug die Wartezeit jedoch einen Tag oder eine Woche, so wurden ähnliche Werte wie im ersten Zyklus beobachtet. Daraus kann geschlossen werden, dass die nötige Zeit für die Rückbildung der Nanostruktur zwischen einer Stunde und einem Tag liegt. Um diese Zeitspanne weiter einzugrenzen, sind weitere Untersuchungen notwendig. Des Weiteren sollten Experimente geplant werden, mit Hilfe derer die molekularen Ursachen für die beobachteten Effekte bei mechanischer Belastung geklärt werden können.