Abstract (deu)
Die vorliegende Dissertation beinhaltet eine theoretische Auseinandersetzung mit der sogenannten ‚Ursprungsdebatte‘. In dieser Kontroverse, die ihren Höhepunkt in den 1960er und 1970er Jahren erreichte, wurde das Verhältnis zwischen der Entwicklung der kolonialen Sklaverei und der Herausbildung des gegen AfrikanerInnen gerichteten Rassismus anhand der Frühgeschichte der Kolonie Virginia verhandelt. Dabei bildeten sich zwei Positionen heraus: Eine, die in dieser Arbeit als ‚psychokultureller‘ Strang bezeichnet wird, ging davon aus, dass bereits vor der Kolonisierung zu Beginn des 17. Jahrhunderts anti-schwarze Einstellungsmuster innerhalb der englischen Bevölkerung existierten, die wesentlich zur Herausbildung der rassistischen Sklaverei beigetragen hätten. Die zweite, ‚sozioökonomische‘ Position argumentierte, dass der Rassismus gegenüber subsaharischen AfrikanerInnen sich erst nachträglich, als Reaktion auf ein aus rein ökonomischen Motiven konstruiertes Sklavensystem herausgebildet habe. Die Arbeit nutzt eine historisch-genealogische Methode, um eine theoriegeleitete Analyse der zentralen Streitpunkte dieser historischen Debatte vorzunehmen. Zugleich wird aus dieser Untersuchung neue Theorie generiert, indem die Ansätze des Politischen Marxismus und der materialistischen Staatstheorie anhand der Ursprungsdebatte zur Weiterentwicklung der staats- und hegemonietheoretischen Rassismusanalyse genutzt werden. Dieser theoretische Zugang ermöglicht es, sowohl den tendenziellen Idealismus des psychokulturellen als auch den Ökonomismus des sozioökonomischen Strangs zu korrigieren, und den Zusammenhang von Sklaverei und Rassismus in Virginia im Rahmen eines komplexen, hegemonietheoretischen Arguments neu zu formulieren.