Abstract (deu)
Die Berücksichtigung schwerer Quarkmassen ist in vielen phänomenologischen Anwendungen der Quantenchromodynamik von entscheidender Bedeutung, entweder weil sie wichtige Korrekturen bei Präzisionsrechnungen darstellen oder weil sie zusätzliche konzeptionelle Komplikationen mit sich bringen. In dieser Arbeit behandle ich eine Vielzahl von Aspekten im Zusammenhang mit Quarkmassen in der Theorie starker Wechselwirkungen, einschließlich technischer Berechnungen sowie theoretischer Innovationen. Im Wesentlichen konzentriert sich diese Arbeit auf vier Hauptergebnisse: Das erste ist eine allgemeine Formel für massive NLO Event-Shape-Wirkungsquerschnitte. Diese Formel ermöglicht die Berechnung des NLO-Wirkungsquerschnitts in Bezug auf einen beliebigen massiven Event-Shape, indem einfache, analyische Formeln für die distributionellen Terme und eine allgemeine Anleitung zur algorithmischen Berechnung der nicht-distributionellen Terme bereitgestellt werden. Dies stellt eine große Verbesserung im Vergleich zu den vorherigen Ansätzen dar, bei denen Berechnungen von Grund auf für jeden Event-Shape durchgeführt wurden, meist nur mit numerischen Ergebnissen. Das zweite Ergebnis ist die Zwei-Schleifen-SCET-Jet-Funktion für massive Quarks. Diese schwer zu berechnende Größe war der letzte fehlende Beitrag, um für einige Event-Shapes mit massiven Quarks, einschließlich 2-Jettiness, eine N3LL Resummation zu ermöglichen. Drittens wird das MSR-Massenrenormierungsschema eingeführt, eine Verallgemeinerung der MS-bar-Masse für niedrige Energien mit variabler intrinsischer Skala. Zusammen mit der R-Evolution, der damit verbundenen Renormierungsgruppengleichung, ermöglicht die MSR-Masse die systematische Untersuchung von Problemen in Zusammenhang mit dem Polmassen-Renormalon und die Resummierung potenziell großer Logarithmen von massen-intrinsischen Skalenverhältnissen. Solche Logarithmen sind beispielsweise bei der Konvertierung zwischen Short-Distance-Massenschemata, oder dem Vergleich von Massenwerten relevant, die an weit separierten Energieskalen extrahiert wurden. Darüber hinaus kann die MSR-Masse erweitert werden, um die Auswirkungen von leichteren massiven Quark-Flavors einzubeziehen, was ein systematisches und konsistentes Matching- und Evolutionsverfahren ergibt. Diese Prozedur kann zur Entkopplung von Impulsmoden in der Pol-MS-bar Massenrelation verwendet werden, was wiederum eine systematische Untersuchung des Polmassen-Renormalons und seiner Flavor-Zahl-Abhängigkeit ermöglicht. Sowohl die Resummierung von Logarithmen intrinsischer Skalen als auch die systematische Behandlung von leichten massiven Flavors sind einzigartig für das MSR-Massenschema. Das vierte Hauptergebnis dieser Arbeit ist REvolver, eine C++-Bibliothek mit zusätzlichen Mathematica- und Python-Schnittstellen. REvolver implementiert die MSR-Masse, die R-Evolution und die dazugehörigen Konzepte auf benutzerfreundliche Weise und richtet sich sowohl an Theoretiker als auch an Experimentatoren. Die bereitgestellten Funktionen umfassen die exakte Lösung der Renormierungsgruppengleichungen der MS-bar- und MSR-Massen sowie der starken Kopplung, Konvertierungen zwischen verschiedenen Massenrenormierungsschemata (mit oder ohne log-Resummierung per R-Evolution) und die Extraktion von Renormalon-bezogenen Parametern wie die Polmassen-Ambiguität. Die Interaktion mit der Bibliothek basiert auf der Erstellung sogenannter Core-Objekte, die ein physikalisches Szenario kodieren, und der Extraktion von Werten daraus REvolver ist der einzige öffentliche Code, der die Eigenschaften der MSR-Masse und der R-Evolution bei Massenschema- und Renormalon-bezogenen Berechnungen vollständig ausnutzt. Alle in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse stellen wesentliche Beiträge zur Untersuchung von Quarkmasseneffekten dar, entweder weil diese Massenkorrekturen für Präzisionsberechnungen liefern oder durch Einführung neuer Konzepte, Methoden und Werkzeuge, die zu einem besseren Verständnis führen oder Berechnungen erleichtern.