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Title (deu)
Handwerksgerichtsbarkeit bei den Wiener Bäckern
Konflikte in Zeche und Bruderschaft 1628–1664
Author
Michael Held
Advisor
Martin Scheutz
Assessor
Martin Scheutz
Abstract (deu)
Die Wiener Bäckerzeche des 17. Jahrhunderts verfügte über eine eigene Gerichtsbarkeit, in der sie Delikte der verschiedensten Art bestrafte und Streitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern schlichtete. Darüber hinaus versammelten sich die Gesellen in ihrer eigenen Vereinigung, Bruderschaft genannt, deren Rechtsprechung im Jahr 1628 von einer privaten, dezentralisierten Konfliktlösung bei der Arbeit auf eine teilöffentliche, zentralisierte Streitschlichtung vor der Gesellenversammlung umgestellt wurde. Da der Zunftgerichtsbarkeit in der Forschung bisher nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde, versucht diese Arbeit, dieser Forschungslücke Abhilfe zu verschaffen. Aus diesem Grund wurden anhand der Zunftarchivalien der heute noch bestehenden Bäckerinnung 2.997 Prozesse der Meister und Gesellen gesammelt und kategorisiert. Das Resultat zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Gerichten der Gesellen und Meister. Während Verbalinjurien und persönliche Konflikte bei den Gesellen überwogen, waren die Auseinandersetzungen der Meister meist wirtschaftlich motiviert. Revierstreitigkeiten zwischen den städtischen Bäckern und den Bäckern anderer Orte wurden angestoßen, um den gleichberechtigten Wettbewerb innerhalb der Zeche zu erhalten. Eigentumsdelikte und Realinjurien waren selten und oft Resultate von eskalierenden Konfrontationen. Die Einigung vor den Gerichten wurde bei der Bruderschaft mit meist kleineren materiellen Strafen in Form von Kerzenwachs geregelt. Im Unterschied dazu versuchten die Meister ihre Chancen zu verbessern, indem sie informelle Gerichtsformen wie den Bürgermeister oder das Stadtgericht involvierten. Darüber hinaus verzichtete das Zunftgericht der Meister bei vielen Delikten auf eine Verurteilung oder halbierte die Strafe im Austausch für Gnadengesuche. Auch immaterielle Strafmöglichkeiten, wie die Handreichung oder die Entschuldigung, waren der Versuch des Zunftgerichts, den Angeklagten möglichst schnell wieder in die Gemeinschaft zu integrieren.
Abstract (eng)
The Viennese bakers' guild of the 17th century had its own jurisdiction in which it punished offenses of various kinds and settled disputes between its members. In addition, the journey-men gathered in their own association, called a brotherhood, whose jurisdiction was changed in 1628 from private, decentralized conflict resolution in the workplace to partially public, centralized dispute resolution before the journeymen's assembly. Since little attention has been paid to guild jurisdiction in research to date, this paper attempts to remedy this research gap. For this reason, using the guild archives of the bakers' guild that still exists today, 2,997 law-suits of master craftsmen and journeymen were collected and categorized. The result showed clear differences between the courts of the journeymen and the masters. While verbal juries and personal conflicts predominated among the journeymen, the disputes of the master craftsmen were mostly economically motivated. Territorial disputes between urban bakers and bakers from other towns were instigated to maintain equal competition within the guild. Prop-erty crimes and cases of criminal assault were rare and often results of escalating confronta-tions. Settlements in the courts of the journeymen were reached with mostly minor material penalties in the form of candle wax. In contrast, the masters tried to improve their chances by involving informal forms of court, such as the mayor or the municipal court. In addition, the guild court of the masters waived sentencing for many offenses or halved the punishment in exchange for clemency petitions. Even non-material punishment options, such as the hand-shake or the apology, were the guild court's attempt to reintegrate the accused into the com-munity as quickly as possible.
Keywords (deu)
ZunftZecheHandwerkZunftgerichtsbarkeitBäckerStadtgeschichteHistorische KriminalitätsforschungInjurieKonfliktlösungEhre
Keywords (eng)
GuildsCraft GuildsBakersHistorical CriminologyGuild JurisdictionConflict ResolutionViennaThirty Years' WarUrban HistoryHonour
Subject (deu)
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1597586
rdau:P60550 (deu)
192 Seiten : Illustrationen
Number of pages
192
Members (1)
Title (deu)
Handwerksgerichtsbarkeit bei den Wiener Bäckern
Konflikte in Zeche und Bruderschaft 1628–1664
Author
Michael Held
Abstract (deu)
Die Wiener Bäckerzeche des 17. Jahrhunderts verfügte über eine eigene Gerichtsbarkeit, in der sie Delikte der verschiedensten Art bestrafte und Streitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern schlichtete. Darüber hinaus versammelten sich die Gesellen in ihrer eigenen Vereinigung, Bruderschaft genannt, deren Rechtsprechung im Jahr 1628 von einer privaten, dezentralisierten Konfliktlösung bei der Arbeit auf eine teilöffentliche, zentralisierte Streitschlichtung vor der Gesellenversammlung umgestellt wurde. Da der Zunftgerichtsbarkeit in der Forschung bisher nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde, versucht diese Arbeit, dieser Forschungslücke Abhilfe zu verschaffen. Aus diesem Grund wurden anhand der Zunftarchivalien der heute noch bestehenden Bäckerinnung 2.997 Prozesse der Meister und Gesellen gesammelt und kategorisiert. Das Resultat zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Gerichten der Gesellen und Meister. Während Verbalinjurien und persönliche Konflikte bei den Gesellen überwogen, waren die Auseinandersetzungen der Meister meist wirtschaftlich motiviert. Revierstreitigkeiten zwischen den städtischen Bäckern und den Bäckern anderer Orte wurden angestoßen, um den gleichberechtigten Wettbewerb innerhalb der Zeche zu erhalten. Eigentumsdelikte und Realinjurien waren selten und oft Resultate von eskalierenden Konfrontationen. Die Einigung vor den Gerichten wurde bei der Bruderschaft mit meist kleineren materiellen Strafen in Form von Kerzenwachs geregelt. Im Unterschied dazu versuchten die Meister ihre Chancen zu verbessern, indem sie informelle Gerichtsformen wie den Bürgermeister oder das Stadtgericht involvierten. Darüber hinaus verzichtete das Zunftgericht der Meister bei vielen Delikten auf eine Verurteilung oder halbierte die Strafe im Austausch für Gnadengesuche. Auch immaterielle Strafmöglichkeiten, wie die Handreichung oder die Entschuldigung, waren der Versuch des Zunftgerichts, den Angeklagten möglichst schnell wieder in die Gemeinschaft zu integrieren.
Abstract (eng)
The Viennese bakers' guild of the 17th century had its own jurisdiction in which it punished offenses of various kinds and settled disputes between its members. In addition, the journey-men gathered in their own association, called a brotherhood, whose jurisdiction was changed in 1628 from private, decentralized conflict resolution in the workplace to partially public, centralized dispute resolution before the journeymen's assembly. Since little attention has been paid to guild jurisdiction in research to date, this paper attempts to remedy this research gap. For this reason, using the guild archives of the bakers' guild that still exists today, 2,997 law-suits of master craftsmen and journeymen were collected and categorized. The result showed clear differences between the courts of the journeymen and the masters. While verbal juries and personal conflicts predominated among the journeymen, the disputes of the master craftsmen were mostly economically motivated. Territorial disputes between urban bakers and bakers from other towns were instigated to maintain equal competition within the guild. Prop-erty crimes and cases of criminal assault were rare and often results of escalating confronta-tions. Settlements in the courts of the journeymen were reached with mostly minor material penalties in the form of candle wax. In contrast, the masters tried to improve their chances by involving informal forms of court, such as the mayor or the municipal court. In addition, the guild court of the masters waived sentencing for many offenses or halved the punishment in exchange for clemency petitions. Even non-material punishment options, such as the hand-shake or the apology, were the guild court's attempt to reintegrate the accused into the com-munity as quickly as possible.
Keywords (deu)
ZunftZecheHandwerkZunftgerichtsbarkeitBäckerStadtgeschichteHistorische KriminalitätsforschungInjurieKonfliktlösungEhre
Keywords (eng)
GuildsCraft GuildsBakersHistorical CriminologyGuild JurisdictionConflict ResolutionViennaThirty Years' WarUrban HistoryHonour
Subject (deu)
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1616658
Number of pages
192