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Title (deu)
"Das perennierende Leiden hat soviel Recht auf Ausdruck wie der Gemarterte zu brüllen" - über die Shoah in der österreichischen Nachkriegsliteratur
Author
Caroline Strecker
Adviser
Johann Sonnleitner
Assessor
Johann Sonnleitner
Abstract (deu)

Im Zentrum dieser Masterarbeit steht die Frage nach der Bedeutung der Sprache in Zusammen-hang mit der literarischen Verarbeitung der Shoah sowie der Beschaffenheit und der Charakte-ristika dieser. Welche Bedeutung die Sprache, aber auch der Akt des Sprechens, im Shoah-Diskurs der Nachkriegszeit einnimmt, zeigt sich bereits an der bloßen Benennung der Massen-vernichtung durch die Nationalsozialisten, setzt doch jedes Wort verschiedene Aspekte und vor allem Personengruppen in den Vordergrund. Auch wenn es um die Nachkriegsliteratur im deutschsprachigen Raum geht, ist die Sprache das zentrale Merkmal der Abgrenzung zwischen einer Literatur der Shoah-Überlebenden sowie jener der führenden Schriftsteller, welche sich oftmals durch ihre Mittäterschaft auszeichnen. Allen voran die Gruppe 47 ist hier anzuführen. Nicht nur durch ihren Sprachgebrauch unterscheidet sich die Trümmer- und Kahlschlag-Literatur von Texten über die Shoah, sondern auch durch das Schweigen über das Geschehene. Neben dieser Tabuisierung der nationalsozialistischen Gräuel zeigt vor allem der Umgang mit jüdischen Schriftstellern, wie beispielsweise Paul Celan, den tiefverwurzelten Antisemitismus im vorherrschenden Literaturbetrieb der Nachkriegszeit. Zudem sind Sprache und Sprechen auch in der grundsätzlichen Diskussion über eine Literatur nach Auschwitz zentral. Angestoßen von Theodor W. Adorno und seiner als Verbot falsch verstandenen Warnung, Gedichte nach Auschwitz seien barbarisch und Literatur danach kaum möglich, entspannt sich diese nicht nur außerliterarisch, sondern findet auch Eingang in die Werke aller drei hier besprochenen Auto-ren. Gemein ist Paul Celan, Fred Wander und H.G. Adler, dass sie Adornos Aussage entgegen-treten, Argumente dagegen liefern oder ihm gänzlich widersprechen. Vor allem Paul Celan leis-tet mit seinen Texten einen Beitrag dazu, dass Adorno seine anfängliche Haltung folglich zu-mindest abschwächt. Über einen gänzlichen Widerruf lässt sich diskutieren. Im Zentrum steht dabei jedoch eigentlich die Frage nach einem angemessenen literarischen Umgang mit der Sho-ah. Dieser unterscheidet sich bei allen drei Schriftstellern zum Teil sehr. Dennoch lassen sich sprachliche Gemeinsamkeiten erkennen: Durch Sprache wird Identität gegeben oder genom-men, womit auch ein Akt der Abgrenzung zusammenhängt, Irritation vor allem bei den Lesen-den ausgelöst und so auch das nicht mögliche Mitempfinden gestört. Sprachliche Indirektheit und der darauffolgende Bruch damit sind schließlich ebenso wie das Bedienen aller sprachli-chen Mittel, auch solchen aus der Komik, wie Ironie, Sarkasmus und Absurdität – wobei vor allem H.G. Adler hervorzuheben ist – zentrale Charakteristika des literarischen Umgangs mit dem Zivilisationsbruch. Was allen drei Autoren und deren Werken jedenfalls zu eigen ist, ist, dass sie Adornos Annahme von einer Unmöglichkeit einer Literatur nach Auschwitz widerlegen und dabei verschiedenste sprachliche, rhetorische und erzählerische Gestaltungmöglichkeiten aufzeigen, um Zeugenschaft über die Verbrechen des Nationalsozialismus abzulegen.

Keywords (deu)
ShoahÖsterreichische NachkriegsliteraturSpracheTheodor W. AdornoPaul CelanFred WanderH.G. Adler
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1602851
rdau:P60550 (deu)
99 Seiten
Number of pages
102
Study plan
Masterstudium Deutsche Philologie
[UA]
[066]
[817]
Members (1)
Title (deu)
"Das perennierende Leiden hat soviel Recht auf Ausdruck wie der Gemarterte zu brüllen" - über die Shoah in der österreichischen Nachkriegsliteratur
Author
Caroline Strecker
Abstract (deu)

Im Zentrum dieser Masterarbeit steht die Frage nach der Bedeutung der Sprache in Zusammen-hang mit der literarischen Verarbeitung der Shoah sowie der Beschaffenheit und der Charakte-ristika dieser. Welche Bedeutung die Sprache, aber auch der Akt des Sprechens, im Shoah-Diskurs der Nachkriegszeit einnimmt, zeigt sich bereits an der bloßen Benennung der Massen-vernichtung durch die Nationalsozialisten, setzt doch jedes Wort verschiedene Aspekte und vor allem Personengruppen in den Vordergrund. Auch wenn es um die Nachkriegsliteratur im deutschsprachigen Raum geht, ist die Sprache das zentrale Merkmal der Abgrenzung zwischen einer Literatur der Shoah-Überlebenden sowie jener der führenden Schriftsteller, welche sich oftmals durch ihre Mittäterschaft auszeichnen. Allen voran die Gruppe 47 ist hier anzuführen. Nicht nur durch ihren Sprachgebrauch unterscheidet sich die Trümmer- und Kahlschlag-Literatur von Texten über die Shoah, sondern auch durch das Schweigen über das Geschehene. Neben dieser Tabuisierung der nationalsozialistischen Gräuel zeigt vor allem der Umgang mit jüdischen Schriftstellern, wie beispielsweise Paul Celan, den tiefverwurzelten Antisemitismus im vorherrschenden Literaturbetrieb der Nachkriegszeit. Zudem sind Sprache und Sprechen auch in der grundsätzlichen Diskussion über eine Literatur nach Auschwitz zentral. Angestoßen von Theodor W. Adorno und seiner als Verbot falsch verstandenen Warnung, Gedichte nach Auschwitz seien barbarisch und Literatur danach kaum möglich, entspannt sich diese nicht nur außerliterarisch, sondern findet auch Eingang in die Werke aller drei hier besprochenen Auto-ren. Gemein ist Paul Celan, Fred Wander und H.G. Adler, dass sie Adornos Aussage entgegen-treten, Argumente dagegen liefern oder ihm gänzlich widersprechen. Vor allem Paul Celan leis-tet mit seinen Texten einen Beitrag dazu, dass Adorno seine anfängliche Haltung folglich zu-mindest abschwächt. Über einen gänzlichen Widerruf lässt sich diskutieren. Im Zentrum steht dabei jedoch eigentlich die Frage nach einem angemessenen literarischen Umgang mit der Sho-ah. Dieser unterscheidet sich bei allen drei Schriftstellern zum Teil sehr. Dennoch lassen sich sprachliche Gemeinsamkeiten erkennen: Durch Sprache wird Identität gegeben oder genom-men, womit auch ein Akt der Abgrenzung zusammenhängt, Irritation vor allem bei den Lesen-den ausgelöst und so auch das nicht mögliche Mitempfinden gestört. Sprachliche Indirektheit und der darauffolgende Bruch damit sind schließlich ebenso wie das Bedienen aller sprachli-chen Mittel, auch solchen aus der Komik, wie Ironie, Sarkasmus und Absurdität – wobei vor allem H.G. Adler hervorzuheben ist – zentrale Charakteristika des literarischen Umgangs mit dem Zivilisationsbruch. Was allen drei Autoren und deren Werken jedenfalls zu eigen ist, ist, dass sie Adornos Annahme von einer Unmöglichkeit einer Literatur nach Auschwitz widerlegen und dabei verschiedenste sprachliche, rhetorische und erzählerische Gestaltungmöglichkeiten aufzeigen, um Zeugenschaft über die Verbrechen des Nationalsozialismus abzulegen.

Keywords (deu)
ShoahÖsterreichische NachkriegsliteraturSpracheTheodor W. AdornoPaul CelanFred WanderH.G. Adler
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1616077
Number of pages
102