Abstract (deu)
Unabhängig von der Zeit und dem Regime sind Desinformationen, die zu Misstrauen in der Politik und öffentlichen Institutionen führen, immer ein heikles Thema gewesen. Heutzutage sind wir beim Konsum von Nachrichten zunehmend auf Online-Medien angewiesen. Das Ausmaß dieses Online-Informations Ökosystems führt dazu, dass politische Desinformationen eine größere Reichweite haben können und schneller verbreitet werdennn. Wenn dann noch die Deepfake-Technologie hinzukommt—bei der mit Hilfe von Deep Learning gefälschte Bilder, Videos, Audiodateien oder Texte erstellt werden können, die scheinbar authentisch sind—glauben viele, dass Demokratien gefälschten politischen Desinformationen ausgeliefert sind. Die Forschung zeigt jedoch, dass eine solche fatalistische Sichtweise die Realität verzerrt. Weitere Forschungen weisen daher auf die Notwendigkeit einer theoretischen Rekonzeptualisierung dieser Deepfakes hin, um ihre Konzeption wieder mehr mit der empirischen Realität in Einklang zu bringen. Um einen solchen theoretischen Beitrag zu leisten, dient Karen Barads neue materialistische Entwicklung dazu, das Deepfake konzeptionell zu überdenken. Eine Neubetrachtung, die die Unzulänglichkeiten der populären fatalistischen Konzeption beheben soll. Vor allem erschüttert diese Revision das weit verbreitete Ideal der eindeutigen Fakt-Falsch-Abgrenzung in seinen Grundfesten. Ein Ideal, das jedoch eine der wichtigsten Bemühungen der EU zur Bekämpfung von Deepfakes kennzeichnet. Die baradianische Rekonzeptualisierung des Deepfakes wird daher weiter genutzt, um den aktuellen politischen Ansatz der EU gegenüber Deepfakes zu analysieren. Eine kritische Untersuchung, die wiederum dazu dient, einen politischen Vorschlag zu verfassen; einen Vorschlag, der nicht nur auf der baradianischen Rekonzeptualisierung basiert, sondern auch auf einer empirischen Untersuchung der Art und Weise, wie sich das Deepfake in unserer Gesellschaft materialisiert. Dieser Vorschlag, dessen Hauptbeitrag darin besteht, den Netizen in seiner Fähigkeit zur autonomen Urteilsbildung zu würdigen, soll das Fehlen einer gerechtfertigten Grundlage für den derzeitigen politischen Ansatz der EU beheben, da der von Baradian inspirierte Vorschlag auf einer Konzeption des Deepfakes beruht, die besser mit der beobachteten Realität übereinstimmt.